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Einsichten ins Krisenmanagement

Einsichten ins Krisenmanagement

Zwei Mannheimer Studien liefern Handlungsempfehlungen für Führungskräfte.

Die Corona-Pandemie trifft Unternehmen auf der ganzen Welt mit ungeahnter Härte. Innerhalb kürzester Zeit rutschten die Märkte in eine starke Krise und Führungskräfte müssen nun versuchen, ihre Organisationen so gut wie möglich wieder auf Kurs zu bringen.

Forscher der Universität Mannheim haben in zwei Forschungsprojekten das Verhalten von Unternehmen bzw. deren Führungsmitgliedern in Krisenzeiten untersucht. Die Studienergebnisse können Praktikern helfen, in der Coronakrise die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Beide Arbeiten entstanden über internationale Kooperationen an der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Universität Mannheim. Für die erste Studie haben die Mannheimer Forscher sich mit Kollegen aus Deutschland sowie aus Asien (China) zusammengetan. In einem mehrjährigen Forschungsprojekt untersuchten sie, welchen Einfluss Selbstüberschätzung von Geschäftsführern auf ihr Handeln in Krisenzeiten hat. Von Selbstüberschätzung ist klassisch die Rede, wenn die handelnden Akteure ihre eigenen Fähigkeiten überschätzen und Ungewissheiten in Bezug auf die Auswirkungen ihres Handelns unterschätzen. Während eine derartige Veranlagung beispielsweise einen positiven Einfluss auf die Innovationskraft von Unternehmen haben kann, zeigen die Studienergebnisse, dass selbstüberschätzende Geschäftsführer besonders schlecht in der Lage sind, ihr Unternehmen in Krisenzeiten wieder auf Kurs zu bringen.

Krisensituationen stellen per se einen fundamentalen Gegensatz zu hohen Performanceansprüchen dar. Geschäftsführer, die zu Selbstüberschätzung neigen, versuchen, die Schuld auf ungünstige Einflüsse zu lenken oder die Dramatik der Situation herunterzuspielen. Beides führt dazu, dass dieser Managertyp weiterhin vom Erfolg ihrer bisherigen Strategie überzeugt ist und daher eine geringere Notwendigkeit für Restrukturierungsmaßnahmen sieht. Im Endeffekt wird es ihm dadurch weniger gut gelingen, einen erfolgreichen "Turnaround" des Unternehmens zu schaffen, sprich, die Organisation vor der Zahlungsunfähigkeit oder gar der Insolvenz zu bewahren.

Im Gegensatz dazu zeigt die Studie jedoch auch, dass Selbstüberschätzung zu Krisenzeiten durchaus positive Effekte auf den Restrukturierungserfolg haben kann: Stellt eine Firma zu Krisenzeiten einen neuen Geschäftsführer ein, der sich durch Selbstüberschätzung auszeichnet, wird dieser keinen Grund haben, die Ursachen der Krise zu verkennen und die Restrukturierung des Konzerns stattdessen besonders zielstrebig vorantreiben. Dies kann es Unternehmen ermöglichen, doch noch einen Turnaround herbeizuführen.

In der derzeitigen Lage scheinen die Erkenntnisse dieser Studie über die Geschäftswelt hinaus relevant zu sein: Auch manchen Staatenlenkern scheint ein Hang zur Selbstüberschätzung nicht abzusprechen zu sein. Ihr zögerliches Handeln und die Verharmlosung des neuartigen Coronavirus könnte auf ihre ausgeprägte Selbstwahrnehmung zurückzuführen zu sein.

In einer zweiten Studie haben Mannheimer Forscher gemeinsam mit Kollegen mit Deutsch-Französisch-Amerikanischen Hintergründen untersucht, wie Familienunternehmer (z.B. Ford), Gründerfirmen (z.B. Tesla) und professionelle, breit gehalteneCorporations (z.B. GE, Daimler, etc.) mit plötzlich auftretenden, existentiellen Krisenumgehen und wie sich das Verhalten der Unternehmenslenker auf die getroffenen Maßnahmen, sowie letztlich die Unternehmensleistung in der Krise auswirkt.

In ihrer Gesamtheit liefert die Studie mehrere wichtige Erkenntnisse. Kernerkenntnis ist, dass die jeweilige (soziale) Identität des Unternehmenslenkers maßgeblich die Reaktion der Unternehmen auf die Krise prägt und die soziale Einbettung des Unternehmens wiederum bestimmt, wie diese Reaktion vom Umfeld aufgefasst wird.

Einerseits zeigt sich, dass Gründer im Vergleich zu professionell gehaltenen Unternehmen dazu neigen, in Krisen besonders weitreichende Gegenmaßnahmen zu treffen. Sie schießen damit häufig über das Ziel hinaus, sodass sie ihrem Unternehmen damit eher schaden als helfen. Die Forscher führen dieses Verhalten auf die besondere Bedeutung des Unternehmens für den Gründer zurück. Als Erbauer des Unternehmens scheinen Gründer alle möglichen Hebel in Bewegung zu setzen, um ihr Unternehmen zu retten. Dabei scheint die Wirtschaftlichkeit der getroffenen Maßnahmen weniger wichtig zu sein als der grundsätzliche Erhalt des Unternehmens. Besonders schädlich wird diese Krisenreaktion mit zunehmendem Firmenalter. Dies führen die Autoren darauf zurück, dass Mitarbeiter, Lieferanten, etc. mit der Zeit eine besondere Erwartungshaltung dem Gründer gegenüber entwickeln. Dieser Erwartungshaltung können Gründer offenbar schwer gerecht werden, wenn sie in der Krise vorwiegend auf den Erhalt des Unternehmens (und damit z.B. weniger auf den Erhalt von Arbeitsplätzen) achten.

Im Gegensatz dazu zeigt die Studie auch, dass Familienunternehmen in Krisenzeiten besonderen Wert auf den Erhalt von Arbeitsplätzen legen, während sich ihre Restrukturierungsmaßnahmen ansonsten nicht von denen professionell gehaltener Unternehmen entscheidet. Insbesondere in schweren Krisen und bei mit fortgeschrittenem Firmenalter zahlt sich eine derartige Reaktion auf die Krise besonders aus. Dies führen die Forscher insbesondere auf den besonderen Zusammenhalt innerhalb von Familienunternehmen (Sozialkapital) zurück. Wenn Familienunternehmen besonders verantwortungsvoll auf eine Krise reagieren, sind Mitarbeiter, Lieferanten und Co. eher bereit, ihren Teil zur Rettung des Unternehmens beizutragen.

Kontakt:
Dr. Liane Weitert
Leitung Kommunikation und Unternehmenskooperationen
Universität Mannheim
Dekanat BWL
E-Mail:  liane.weitert@uni-mannheim.de
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