Die Bahn drückt in Europa aufs Tempo
Mehdorn: Nationale
Kleinstaaterei rasch überwinden
ICE 3 bereit für Tests in
Frankreich
Europäischer Hochgeschwindigkeitszug kommt
Madrid / Berlin (ots)
Die Erfolgsstory des Schienen-Hochgeschwindigkeitsverkehrs in Europa bilanzieren die Bahnen auf der Eurailspeed 2002 bis zum 25. Oktober in Madrid und diskutieren mit Vertretern aus Politik, Industrie und Hochschulen die Anforderungen an die Bahnen in den kommenden Jahrzehnten. "Die Chancen für die Eisenbahnen, mehr Anteil am Verkehrsmarkt zu erringen, waren noch nie so gut", so Hartmut Mehdorn, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG. "Die Antwort auf überlastete Straßen, Staus und Klimaveränderungen haben die Bahnen."
Kurze Reisezeiten und komfortable Züge bringen mehr Kunden zur Bahn. Sie muss jedoch die Bahnfahrt preisgünstiger produzieren. "Hier liegt Potenzial, das wir heben müssen. Und wir dürfen nicht nachlassen, politisch die Harmonisierung der Verkehrsträger zu fordern. Keine Sonderleistungen für die Bahnen, Gleichbehandlung fordern wir", erklärte Mehdorn in Madrid und verwies auf die Ungleichheiten im Bereich der Mineralölsteuer, der Mehrwert- und Umsatzsteuerbelastung sowie den externen Kosten des Verkehrs. "Auch im Zeitalter des grenzenlosen Europa behindern Kleinstaaterei, nationales Denken und überholte nationale Sozialvorschriften den europäischen Schienenverkehr. Hier müssen wir raus und zwar rasch. Unsere Wettbewerber, der Straßenverkehr und die Luftfahrt, haben diese Barrieren längst hinter sich gelassen."
"Die Schienenschnellfahrnetze werden in Deutschland weiter wachsen und damit die internationalen Verbindungen verstärken", sagte Hartmut Mehdorn. Mit dem ersten europäischen Fahrplanwechsel am 15. Dezember und der Anbindung der Neubaustrecke Köln-Rhein/Main an die internationalen Strecken gewinnt Europa eine Stunde.
Einig sind sich Bahnen und Industrie, die nationalen technischen Barrieren überwinden zu können. Mit modernen Mehrsystemfahrzeugen, die verschiedene Stromsysteme beherrschen, ist dies bereits möglich. Und das von der EU geförderte neue Leit- und Sicherungssystem ETCS (European Train Control System) wird den Bahnen endlich das Befahren heute noch technisch fremder Bahnsysteme ermöglichen. Es wird jedoch voraussichtlich Jahrzehnte dauern, bis ETCS vollständig ins Bahnsystem installiert ist.
Mit Blick auf die hohen Investitionskosten forderte Mehdorn die Bahnen, aber auch die Bahnindustrie auf, alles daran zu setzen, Bahnverkehr einfacher und preiswerter zu machen. Die Transportleistung müsse für die Kunden bezahlbar bleiben, wenn der Schienenverkehrsanteil wachsen soll.
Ohne Einschränkung begrüßte Mehdorn die Öffnung aller europäischen Netze für andere Eisenbahnunternehmen. "Der Wettbewerber ist der stärkste Motor, um die Sanierung der Bahnen voranzubringen. Wir sind auch schon viel besser geworden und sagen heute mit Selbstbewusstsein, dass die Deutsche Bahn im internationalen Vergleich eine der besten Bahnen ist. Trotzdem gibt es noch erhebliches Potenzial, noch besser zu werden." Was die Bahn aber mit allem Nachdruck bekämpfen werde, ist eine Abschottung der Nachbar-Netze, während Deutschland allen Wettbewerbern freie Fahrt biete. "Auf unserem Netz fahren heute schon rund 250 Eisenbahnverkehrsunternehmen, mehr als in jedem anderen Land. Für viele Bahnen sind offene Netze ein Fremdwort. Hier hat Brüssel noch sehr viel Harmonisierung zu betreiben", meinte Mehdorn.
Die Deutsche Bahn bereitet derzeit ein Test- und Zulassungsprogramm für den ICE-3-Einsatz auf französischen Strecken vor. Spätestens 2006/07 werden SNCF, die französische Staatsbahn, und DB ihre Züge auf der neuen Linie Paris - Ostfrankreich - Süddeutschland einsetzen. Parallel dazu läuft das Zulassungsprogramm für den ICE 3 in Belgien.
Ein ehrgeiziges Programm ist die Entwicklung des gemeinsamen Hochgeschwindigkeitszuges, kurz HTE genannt, von der DB, der französischen SNCF und der italienischen FS. Mehdorn sagte: "Der HTE wird eine Zugfamilie sein, mit möglichst vielen Gemeinsamkeiten, also einem Basismodell, das standardisiert und modular aufgebaut ist. Das Fahrzeug kann dann für Anforderungen bestimmter Einsatzgebiete angepasst werden, beispielsweise mit einer Doppelstockvariante für hoch nachgefragte Strecken." Bahnen erhoffen sich, durch große Stückzahlen die Produktionskosten zu senken. Mehdorn: "Das Ziel ist klar: Hochgeschwindigkeitsverkehr auf Schienen soll preiswerter und damit attraktiver werden." Noch in diesem Jahrzehnt sollen HTE-Züge auf dem europäischen Netz rollen.
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