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Rede von Matthias Wissmann Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) anlässlich der Eröffnung der 63. IAA PKW am 17. September 2009 in Frankfurt

Frankfurt (ots)

- Es gilt das gesprochene Wort! -
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, 
liebe Angela Merkel, 
sehr geehrter Herr Verkehrskommissar Tajani, 
sehr geehrter Herr Ministerpräsident, 
lieber Roland Koch, 
sehr geehrte Herren Minister der Bundesländer, 
sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, 
liebe Frau Roth, 
Exzellenzen, 
meine Damen und Herren Abgeordnete der Parlamente, 
sehr geehrte Herren Staatssekretäre, 
liebe Mitglieder des Präsidiums und des Vorstands des VDA, 
meine sehr verehrten Damen und sehr geehrte Herren, 
liebe Freunde des Automobils, 
und ganz besonders: hochgeschätzte Aussteller,
herzlich willkommen hier in Frankfurt. Herzlich willkommen zu Hause 
auf der 63. Internationalen Automobil-Ausstellung.

Einen ganz besonderen Gruß möchte ich an Sie, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, richten. Wir freuen uns über Ihre Anwesenheit. Denn diese IAA fällt in eine wirtschaftlich turbulente Zeit. Wir haben die größte Talfahrt der Weltwirtschaft seit 1945 erlebt. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr brach das Bankhaus Lehman Brothers zusammen. Auch die Automobilmärkte sind in den Strudel der Finanzkrise gerissen worden. Wir müssen in diesem Jahr mit einem weltweiten Nachfragerückgang um 10 bis 15 Prozent rechnen.

Hoffnung machen uns erste Erholungstendenzen in der Weltwirtschaft. Eine Bodenbildung ist auf den weltweiten Automobilmärkten in Sichtweite gerückt. Das ist für eine Nation, die drei von vier produzierten Pkw in den Export schickt, von ganz besonderer Bedeutung.

Die von Ihnen geführte Bundesregierung, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, hilft entscheidend mit, die Folgen der kritischen Situation abzumildern. Hier möchte ich vor allem die Maßnahmen zur Stützung des Bankensektors und die beiden Konjunkturpakete nennen, die die Koalition auf den Weg gebracht hat. Beispielhaft nenne ich das erweiterte Kurzarbeitergeld und die Entlastung bei den Sozialbeiträgen. Hier unterstützen Sie uns bei unserem Ziel, so weit wie irgend möglich, auch in schwierigen Zeiten, unsere Stammbelegschaften zu halten.

Wirtschaft und Politik müssen gemeinsam für den Aufschwung kämpfen. Wir müssen bei Themen wie Bildung, Verkehrspolitik und Arbeitsmarktpolitik weiter an einem Strang ziehen. Denn jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt am Auto. Auf die große Bedeutung der Automobilwirtschaft für unser Land haben Sie, verehrte Frau Bundeskanzlerin, ja erst vor wenigen Tagen in Ihrer wöchentlichen Videobotschaft hingewiesen. Unser gemeinsames Ziel muss sein: Deutschland muss ein starkes Industrieland und das Land individueller und bezahlbarer Mobilität bleiben!

Ich begrüße sehr herzlich den Verkehrskommissar der Europäischen Union, Antonio Tajani. Die EU hat in der Verkehrspolitik viel für das Zusammenwachsen Europas geleistet. Wir brauchen gerade auch in Zukunft eine ausgewogene europäische Wirtschafts- und Umweltpolitik.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Roland Koch, Hessen ist nicht nur eines der wirtschaftlich stärksten Bundesländer, sondern gerade auch auf Grund seiner Größe ein Paradebeispiel für die Notwendigkeit individueller Mobilität und vor allem auch seit Jahrzehnten unser zuverlässiges Partnerland bei der IAA. Sie selbst sind oft genug mit Fragen der Automobilwirtschaft befasst und setzen sich unermüdlich für unsere Branche und Ihre Mitarbeiter ein. Ein ausdrückliches Dankeschön für diesen engen und über viele Jahre gewachsenen Schulterschluss. An Hessen führt kein Weg vorbei.

Ich begrüße ganz besonders unsere Gastgeberin hier in Frankfurt am Main. Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Frau Dr. Roth. Sie sind nicht nur als Oberbürgermeisterin, sondern auch als Aufsichtsratschefin der Messe Frankfurt in doppelter Form unsere Gastgeberin. Sie sind uns bei der Vorbereitung und Planung der IAA ein Garant dafür, dass wir uns immer wieder aufs Neue und gewiss auch in Zukunft hier in Frankfurt zu Hause fühlen. Dafür danke ich Ihnen, auch und insbesondere im Namen der Aussteller sehr herzlich.

Meine Damen und Herren,

die IAA ist und bleibt trotz der Krise auch in diesem Jahr "der" Treffpunkt der nationalen und internationalen Automobilwelt schlechthin. Und wahrhaftig ist keine Autoausstellung der Welt so "international" wie die IAA:

781 Aussteller aus 30 Ländern, davon 62 Automobilhersteller, zeigen ihre neuesten Produkte. Die Ausstellungsfläche von 190.000 Quadratmetern liegt deutlich über unseren eigenen Erwartungen. 14.000 Journalisten aus 90 Ländern werden in den kommenden eineinhalb Wochen von dieser Großveranstaltung berichten. Wir erwarten über 750.000 Besucher auf dem Frankfurter Messegelände.

Mit exakt 100 Weltpremieren bei Autos, davon mit 55 mehr als die Hälfte aus Deutschland, übertreffen wir sogar unseren Rekord- Höhenflug der IAA von vor zwei Jahren. Hinzu kommen 87 Premieren von Automobil-Zulieferern, davon 53 von deutschen Firmen. Das unterstreicht die Innovationskraft dieser Branche. Was unseren Erfindergeist angeht, lassen wir uns von keiner Krise beeindrucken!

Auch wenn sich das Hauptaugenmerk der Besucher verständlicherweise auf das fertige Produkt richtet, dürfen wir nicht vergessen: Drei Viertel der Wertschöpfung eines Automobils beruhen auf Leistungen der Zulieferindustrie. Es sind viele Erfindungen aus den mittelständisch geprägten Ideenschmieden, die unsere Autos sicherer, komfortabler und umweltfreundlicher machen. Die Automobilindustrie ist keine im Wortsinne "alte" Branche, sondern sie zeigt sich hier in Frankfurt jünger und kreativer denn je.

Es gibt zwei Dinge, die mich ganz besonders freuen: Zum einen begrüßen wir hier in Frankfurt zahlreiche Unternehmen, die trotz schwerer Zeit erstmals auf der IAA vertreten sind, darunter auch nicht zuletzt Hersteller exklusiver Sportwagen. Das spiegelt die grundlegende Bedeutung der IAA wider.

Zweitens freut mich sehr, dass sich schon jetzt zur Messe auch 550 Lehrer mit mehr als 11.000 Schülern angemeldet haben. Das zeigt, wie ungebrochen groß die Neugier unter jungen Menschen ist, alle Aspekte rund um das Automobil kennen zu lernen. Ich kann Lehrern, Schülern wie allen Besuchern eins versprechen: Sie erwartet eine spannende IAA, sie werden viel lernen, vieles erleben und neues erfahren, und ich versichere Ihnen: Niemand wird enttäuscht nach Hause gehen!

Meine Damen und Herren,

die Automobilindustrie ist keine Branche, die die Hände in den Schoß legt und wartet, bis die Krise vorbei ist. Die deutschen Hersteller und Zulieferer haben im vergangenen Jahr knapp 19 Milliarden Euro allein für Forschung und Entwicklung ausgegeben, davon ein Gutteil für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Kein Wirtschaftszweig investiert mehr in Köpfe dieses Landes, in den Nachwuchs, in die eigene Zukunft. Diese hohe Summe von 19 Milliarden Euro wird in diesem Jahr, dem Krisenjahr, aller Voraussicht nach noch einmal übertroffen! Das macht mich zuversichtlich, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen werden. Ideenreichtum und Zuversicht - dafür steht diese 63. IAA.

Meine Damen und Herren,

schon vor zwei Jahren war nachhaltige Mobilität ein großes Thema auf der IAA. Viele Entwürfe und Visionen von damals fahren heute als automobile Selbstverständlichkeit auf unseren Straßen. Jetzt sind wir wieder einen großen Schritt weitergekommen: Die Palette umweltfreundlicher Antriebe wird immer größer. Wir zeigen die neuesten Entwicklungen bei Mild-Hybrid und Full-Hybrid. Wir zeigen das Plug-in-Elektroauto, das an der Steckdose "tankt". Wir wissen aber auch alle, dass das Elektroauto nicht sofort ein Massenprodukt werden kann, aber wichtige Meilensteine auf einem langen Weg werden hier auf der IAA sichtbar.

Wir präsentieren auch neue Autos mit Erdgasantrieb und Brennstoffzellenantrieb. Und eine Reihe von Herstellern aus Deutschland, Europa, Amerika und Asien hat gerade erst vereinbart, gemeinsam den Antrieb von Autos mit umweltfreundlichem Wasserstoff schnell voranzubringen.

Auch beim herkömmlichen Antrieb entdecken wir immer neue Effizienzpotenziale. Wir haben den Clean Diesel und den Benziner mit elektronischer Direkteinspritzung. Die ersten Mittelklassefahrzeuge kommen bereits mit weniger als vier Litern auf hundert Kilometern aus.

Modelle deutscher Konzernmarken fahren hier ganz vorne mit. Sie liegen in diesem Jahr bei den durchschnittlichen CO2-Emissionen in neun von zehn Fahrzeug-Segmenten vor der Konkurrenz! Die Zahlen kommen von neutraler Stelle, vom Kraftfahrtbundesamt aus Flensburg.

Schon 2007 habe ich von einer "grünen IAA" gesprochen. Gemessen daran kann ich sagen: Die IAA ist "noch grüner" geworden!

Als Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie möchte ich jedoch festhalten: Im Ausland findet die Qualität unserer Produkte, einschließlich ihrer Umweltqualität, manchmal mehr Anerkennung als bei professionellen Skeptikern im eigenen Land. Das zeigt sich auch an steigenden Marktanteilen in wichtigen Weltregionen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Unsere Beobachter und Kritiker sind uns täglicher Ansporn, noch besser zu werden. Wir erwarten aber auch Fairness im Urteil. Es ist leider eine unselige Tendenz, die Leistungen im eigenen Land schlecht zu reden oder zu schreiben.

Lassen Sie mich das konkret machen: Die Emissionen von Neuwagen haben sich seit Anfang der 90er Jahre um sagenhafte 98 Prozent reduziert. 98 Prozent!

Oder nehmen Sie das Auto mit kombiniertem Benzin- und Elektro-Motor. Gerade hat das erste Premiumfahrzeug "Made in Germany" mit einem solchen Hybrid-Antrieb die strenge japanische Öko-Norm "geknackt". Das Modell ist ab sofort zu einer Steuerermäßigung für besonders saubere Fahrzeuge berechtigt.

Gleichzeitig werden aber auch die Systeme, die das Fahren noch sicherer machen, immer ausgereifter und ausgefeilter. Bremsassistenten, Knie-Airbags, aktives Kurvenlicht, Abstands- Tempomat, Fußgängerschutz - es gibt kein Detail, auf dem es nicht Neuerungen zu verzeichnen gäbe!

Derartige Erfindungen und Weiterentwicklungen, die auf dieser Messe vorgestellt werden, beweisen eins: Sie beweisen, wie groß die Innovationskraft der gesamten Branche gerade in schwierigen Zeiten ist. Die Branche versteht es, Kriterien wie Leistung und Fahrfreude mit ökologischem Bewusstsein zu verbinden. Auf diese Innovationskraft können wir stolz sein!

Wenn Sie nachher die Gelegenheit zu einem Rundgang über das Messegelände haben, werden Sie sich von den Fortschritten überzeugen können, die die Hersteller in nur zwei Jahren seit der letzten IAA gemacht haben. Ich behaupte: Um eine derartige Vielfalt an Modellen und Antrieben noch einmal zu sehen, werden Sie zwei Jahre warten müssen - bis zur nächsten IAA!

Meine Damen und Herren,

erlauben Sie mir an dieser Stelle nochmal ein Wort zur Klimadebatte. Gemeinsames Handeln ist hier dringend notwendig. Es ist gut, wenn Europa hier eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Und es ist der Anspruch der deutschen Automobilindustrie, in Sachen umweltfreundlicher Mobilität Weltmarktführer zu sein. Die nächste und wichtige Station ist nun der Weltklimagipfel in Kopenhagen. Der europäische Ehrgeiz darf aber nicht dazu führen, dass Sonderlasten auf die Industrie in Europa zukommen, die in anderen Erdteilen nicht geschultert werden müssen. Beim Klima- und Umweltschutz müssen die Spielregeln so sein, dass wir in allen Erdteilen ökologisch und ökonomisch die Gewinner sind.

Eines aber ist sicher: Weltweit wird die Bedeutung individueller Mobilität nicht ab-, sondern zunehmen. Während die Industrieländer ihren automobilen Bedarf halten, holen die Schwellenländer auf. Mehr Autos in China oder Indien - das darf aber nicht weniger Klima- und Umweltschutz bedeuten. Wenn es darum geht, Autos mit weniger Emissionen für diese große globale Herausforderung zu entwickeln, dann wollen wir Deutschen die Avantgarde sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

genau so wenig, wie frühere Krisen den Enthusiasmus unserer Branche haben aufhalten können, wird auch nach dieser Krise nicht das Zeitalter individueller Mobilität enden, sondern wird die Freiheit und Freude am Fahren gestärkt hervorgehen. Schwierige Zeiten sind kein Stoppschild für Innovationen, im Gegenteil: Wir werden weiterhin hochattraktive Autos entwickeln und anbieten. Wir werden weiterhin beweisen, dass Nachhaltigkeit und Fahrfreude kein Widerspruch sind.

Die hohe Zahl der Aussteller, das ungebrochene Besucherinteresse und die vielen Innovationen zeigen: Die IAA 2009 bleibt die Leitmesse der Mobilität, und die IAA ist ein Ort der Zuversicht, aber auch der Visionen. Die Messe bietet in einer Zeit der Unsicherheit dringend notwendige Orientierung für Hersteller, Zulieferer und unsere Kunden.

Von der IAA wird ein Aufbruchsignal ausgehen, das weit über die Zeit der Messe hinaus trägt. Denn ich bin überzeugt davon: Diese Branche hat ihre große Zukunft erst noch vor sich. Für die Freude an Mobilität gibt es keine Rezession!

"Sehen, was morgen bewegt", lautete das Motto der IAA vor zwei Jahren. Mit dem Motto "Erleben, was bewegt" knüpfen wir daran an: Was gestern beim Automobil noch Vision war, ist heute schon Realität. Ich kann voller Stolz sagen: Wir haben den Menschen bei den Themen Sicherheit, Nachhaltigkeit, Qualität, Komfort und Leistung viel versprochen, und wir haben Wort gehalten. Lassen Sie sich davon auf unserer IAA überzeugen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Pressekontakt:

Eckehart Rotter
VDA Abteilung Presse
Tel. 069 97507-266
E-Mail: rotter@vda.de

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