KBV - Kassenärztliche Bundesvereinigung
KBV fordert Kassen zur Zusammenarbeit auf
Falschabrechnung: Kassen besitzen die entscheidenden Daten
Berlin (ots)
"Ein Arzt, der bewusst falsch abrechnet und so seine Kollegen schädigt, hat in unserem System nichts zu suchen!" Das bekräftigte der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Manfred Richter-Reichhelm, am 5. Februar in Berlin. Er betonte, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) energisch gegen Falschabrechner vorgehen. Allerdings stecken die KVen nach Aussage des KBV-Chefs in einem Dilemma, weil sie nicht alle Daten besitzen, die nötig sind, um bestimmte Unregelmäßigkeiten zu erfassen.
Die Krankenkassen erhalten laut Richter-Reichhelm von den KVen einen Datensatz für ihre interne Prüfung: Dieser Datensatz enthalte die Versichertennummer, die Arztnummer oder den Arztnamen, den Tag der Behandlung und deren Kosten. Allerdings besäßen die KVen keine Angaben zum Versicherten selbst. Ausschließlich die Krankenkasse wisse zum Beispiel, ob dieser zum Zeitpunkt des auf der Abrechnung angegebenen Behandlungsdatums noch lebe. "Darauf hat auch die AOK Niedersachsen hingewiesen, nachdem das Thema Falschabrechnung wieder in den Medien gehandelt wurde. Leider viel zu spät", erklärte Richter-Reichhelm. Die Kasse könne ohne weiteres feststellen, ob die Abrechnung, welche die KV von einem Arzt erhalten habe, plausibel sei oder nicht. "Allerdings erfolgen diese Prüfungen bei den Kassen nicht", kritisierte Richter-Reichhelm. Das habe einen wesentlichen Grund: "Den Krankenkassen ist eine solche Falschabrechnung völlig gleichgültig. Sie überweisen nämlich für die ärztlichen Leistungen einen Pauschalbetrag an die KVen. Bei Falschabrechnungen steigt dieser Betrag nicht, sondern die übrigen Ärzte bekommen weniger aus dem Topf."
Richter-Reichhelm forderte die Krankenkassen auf, beim Thema Falschabrechnung endlich dem Drängen der KVen nachzugeben und enger mit den Prüfgremien der Ärzteorganisationen zusammenzuarbeiten. "Leider sind wir damit bei den Kassen bislang auf taube Ohren gestoßen", bedauerte der KBV-Vorsitzende. Dabei hätten die Krankenkassen sehr viel Grund dazu, beim Thema Falschabrechnung mit den KVen zu kooperieren. "Es gibt einen regen Handel und Missbrauch der Versichertenchipkarten. Schließlich kann der Arzt nicht jedes Mal in der Praxis kontrollieren, ob ein Patient wirklich mit seiner eigenen Chipkarte erscheint", kritisierte Richter-Reichhelm. Er warnte daher davor, Ärzten, die Leistungen für Verstorbene abrechneten, pauschal einen Betrugsvorwurf zu machen. "Da kann durchaus die illegale Verwendung der Versichertenkarte eines Verstorbenen dahinterstecken", erläuterte der KBV-Chef. Deshalb müssten die Krankenkassen ihre Daten regelmäßig in der aufgezeigten Weise prüfen und Fälle, in denen ein Versicherter zu dem auf der Abrechnung angegebenen Zeitpunkt der Behandlung bereits verstorben sei, an die KV melden, damit diese die Ursache dafür klären könne.
Richter-Reichhelm betonte, dass die KVen und die KBV alles in ihrer Macht stehende unternähmen, um die ehrlich abrechnenden Ärzte vor den vereinzelten schwarzen Schafen falschabrechnender Ärzte zu schützen. Er wies besonders auf die so genannte Plausibilitätsprüfung hin, welche die KBV zusammen mit Vertretern der Staatsanwaltschaft, des Bundesgesundheitsministeriums und der Krankenkassen erarbeitet habe. Dieses Prüfverfahren werde von allen KVen einheitlich umgesetzt. Als Indikatoren für den systematischen Abrechnungsbetrug eines Kassenarztes nenne die gemeinsam erarbeitete Liste die Abrechnung nicht erbrachter Leistungen (auch Mehrfachabrechnungen), nicht nebeneinander abrechenbarer Leistungen, anderer als der erbrachten Leistungen und die Abrechnung von Teilleistungen, die bereits in der Gesamtleistung enthalten seien. "Wenn die KVen bei Plausibilitätsprüfungen Unstimmigkeiten feststellen, gehen sie auf den entsprechenden Arzt zu. Bei kleinen Verstößen leiten sie ein Disziplinarverfahren ein und fordern die streitige Geldsumme zurück. Bei groben Verstößen schalten sie die Staatsanwaltschaft ein. Diese muss dann entscheiden, ob sie ein Verfahren eröffnet oder nicht", erläuterte Richter-Reichhelm.
Ein weiterer Punkt, der immer wieder zu Missverständnissen und mitunter auch zu Betrugsvorwürfen führe, ist nach den Worten des KBV-Vorsitzenden die "enorme Komplexität" des ärztlichen Abrechnungssystems. "Es ist daher eines unserer wesentlichen Ziele, im neuen so genannten Einheitlichen Bewertungsmaßstab Fragen und Interpretationsspielräume zu beseitigen, die zu Betrugsvorwürfen führen können", so Richter-Reichhelm.
Download-Dokumente zum Thema Abrechnungsbetrug finden Sie im Internet unter www.kbv.de.
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