KBV - Kassenärztliche Bundesvereinigung
KBV zum GEK-Arzneimittel-Report 2003
"Voll mit gewagten Behauptungen"
Berlin (ots)
"Zwar lesenswert, aber leider in vielen Einzelheiten falsch", kommentierte Dr. Leonhard Hansen, Zweiter Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) den gestern vorgestellten "Arzneimittel-Report 2003" der Gmünder Ersatzkasse (GEK). Es stimme einfach nicht, so Hansen, dass die deutschen Vertragsärzte zu selten preisgünstige Generika anstelle von Originalpräparaten verordneten: "Wenn Professor Gerd Glaeske sich die vorliegenden Zahlen genau anschaut, kann er erkennen, dass im internationalen Vergleich Generika gerade in Deutschland am häufigsten verordnet werden. An dieser Tatsache kann auch die ständige Behauptung des Gegenteils durch die Krankenkassen nichts ändern." Ebenso unrichtig sei die ständig wiederholte Behauptung, dass seit Ablösung der Arzneimittelbudgets die Ausgaben für Medikamente überproportional gestiegen seien. "Es hat auch schon in den Jahren mit Budgetierungen Ausgabenzuwächse in unterschiedlichen Ausmaßen gegeben. Dies spiegelt den realen Versorgungsbedarf wider", sagte der Zweite Vorsitzende.
Zu einigen Beispielen des Reports bezog Hansen Stellung. So machten Omeprazol-Generika zwischenzeitlich mehr als die Hälfte der Verordnungen aller Protonenpumpenhemmer aus. Dies wirke sich auf die Verkaufszahlen des Originalpräparates aus: "Das Omeprazol-Original Antra hat seine Marktführerschaft längst eingebüßt", berichtete der KBV-Vize. Auch die preisgünstigen Beta1-selektiven Betarezeptorenblocker seien ein gutes Beispiel für ein preisbewusstes Verordnungsverhalten der Ärzte. Bereits mehr als 60 Prozent dieser Medikamente würden in Form von kostengünstigen Generika verordnet. "Die Ärzte nehmen ihre Verantwortung beim Umgang mit dem Rezeptblock durchaus Ernst", bekräftigte Hansen.
Vor allem die Vorhaltung, dass Ärzte zu häufig umstrittene Arzneimittel verordnen, ließ Hansen nicht gelten. Richtig sei vielmehr, dass der Anteil dieser von den Krankenkassen gerne als nutzlos bezeichneten Medikamente in den vergangenen zehn Jahren von 27,8 Prozent auf 8,8 Prozent zurückgegangen ist. "Doch auch kontrovers diskutierte Arzneimittel stellen je nach individueller Indikation des einzelnen Patienten geeignete Therapiemaßnahmen dar und sind nicht immer verzichtbar", unterstrich Hansen die Entscheidungshoheit des Arztes. So würden beispielsweise Johanniskrautpräparate bei leichten bis mittelschweren Formen der Depression bislang sehr erfolgreich eingesetzt. Dürften diese Präparate künftig nicht mehr verordnet werden, hätte der Arzt keine andere Behandlungsalternative, als gleich "schweres Geschütz" in Form von Antidepressiva aufzufahren. Als weiteres Beispiel nannte Hansen die wohl bekannte Acetylsalicylsäure (ASS). "Gerade an diesem Medikament lässt sich erkennen, dass nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel kostengünstig und hocheffizient sein können", so Hansen, "darf der Arzt sie künftig nicht mehr verordnen, muss er zu einem teureren, verschreibungspflichtigen Medikament greifen und gleichzeitig seinem Patient die beste und nebenwirkungsärmste Lösung vorenthalten."
"Nur indikationsgerechte Verordnungen durch die Ärzte und differenzierte Analysen können Qualität und Effizienz bei der Arzneimitteltherapie sicherstellen," so der Zweite Vorsitzende der KBV. Hansen begrüßte in diesem Zusammenhang, dass sich die Spitzenverbände der Krankenkassen endlich dazu bereit erklärt haben, den Vertragsärzten zeitnah GKV-Arzneimittel-Schnellinformationen zur Verfügung zu stellen. Allerdings seien diese Daten derzeit noch nicht weiterverarbeitungsfähig. "Hier müssen die Kassen noch nachbessern", betonte Hansen. Und weiter: "Die Ärzte brauchen gesicherte Steuerungsinformationen, aber kein neues Institut, das die Einführung von wichtigen und sinnvollen Medikamenten- Neuentwicklungen nur verzögert."
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