KBV - Kassenärztliche Bundesvereinigung
KBV zu aktuellem Arzneiverordnungsreport
Hansen: Kalte
Zahlentheorie, verbunden mit einigen guten Vorschlägen
Berlin (ots)
Zahlen sind kalt und spiegeln nicht die individuellen Nöte und Bedürfnisse der Patienten wider. Jeden Tag müssen Ärzte in ihren Praxen einen manchmal schier unlösbaren Spagat zwischen Ökonomie und optimaler Versorgung hinlegen. Der Arzneiverordnungsreport ist da leider nur ein Theoriewerk der Betriebswirtschaft ohne Bezug zum Praxisalltag, erklärte heute in Berlin Dr. Leonhard Hansen, Zweiter Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Er wies darauf hin, dass das Gesundheitswesen seit 1992 rund 6,6 Milliarden Euro einsparen konnte und zwar wegen des veränderten Verordnungsverhaltens der Ärzte. Diese wichtige Nachricht droht unterzugehen. Zur Erklärung: Der jährlich von Professor Ulrich Schwabe herausgegebene Bericht analysiert die Verschreibungen von Medikamenten in Deutschland. Die neue Ausgabe befasst sich mit dem Jahr 2003.
Hansen relativierte das von Schwabe vorgerechnete aktuelle Einsparpotenzial von 4,4 Milliarden Euro: Wir haben bei vielen Krankheiten einen enormen Nachholbedarf in der Arzneimitteltherapie. Diese Aussage gilt nicht im Sinne einer Maximalversorgung. Sie trifft dann zu, wenn alle betroffenen Patienten zum Arzt gehen und eine optimale, leitlinienorientierte Arzneimittelversorgung in Anspruch nehmen würden. Die KBV hat hier allein für 17 Krankheiten einen Mehrbedarf von über sechs Milliarden Euro errechnet.
Für befremdlich hielt er das im Schwabe-Report jetzt neu formulierte Einsparpotenzial von 4,4 Milliarden Euro. Dafür sei die Zahl der herangezogenen Indikationsgruppen bei so genannten umstrittenen Medikamenten von 55 auf 71 erhöht und das Einspar- Arsenal um drei zuvor nicht definierte Analogpräparate-Gruppen aufmunitioniert worden.
Der KBV-Vize warnte davor, den Bürgern zu suggerieren, weitere Einsparungen seien in ihrem Interesse. Die Patienten seien durch erhöhte Zuzahlungen ohnehin stark belastet und hätten, forderte man diese Einsparungen tatsächlich von den Ärzten ein, spätestens dann das Gefühl, die Grenze zur Arzneimittelrationierung sei überschritten.
Hansen lobte den Vorschlag Schwabes, Patienten an den Preisunterschieden prinzipiell gleich guter Medikamente teilhaben zu lassen. Schwabes Modell sieht eine zehnprozentige Beteiligung vor. Sie soll auch für Arzneimittel gelten, die weniger als 50 Euro kosten. Der Zweite KBV-Vorsitzende: Wir haben bereits vor Jahren etwas Ähnliches vorgeschlagen. Eine verantwortungsvolle Selbstbeteiligung des Patienten hätte zur Folge, dass er wenn er partout ein teureres Medikament mit gleichem Wirkstoff verschrieben haben möchte die Differenz aus der eigenen Tasche bezahlen müsste. Ein derartiges Verfahren kann ohne Qualitätseinbußen für die Bevölkerung Finanzreserven von zwei Milliarden Euro erschließen.
Der KBV-Vize setzte im Übrigen große Hoffnungen auf die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ab 2006. Bei Arzneimitteln handelt es sich nicht um Waren wie Lebensmittel oder Autos. Ein unkontrollierter Gebrauch kann für den Patienten gesundheitliche Probleme nach sich ziehen. Die Gesundheitskarte bietet hier die Chance einer sinnvollen Kontrolle im Sinne des Patienten nicht nur für verschreibungspflichtige Medikamente, sondern auch im Rahmen der Selbstmedikation. Eine Telematikplattform könnte außerdem helfen, die Qualität und Sicherheit der Arzneimitteltherapie zu verbessern.
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