Deutscher Kinderschutzbund e.V.
Kinderschutzbund fordert Netzwerk "Frühe Hilfen"
Hannover/Gütersloh (ots)
Auf den Kinderschutztagen wurde folgende Resolution verabschiedet:
Der Deutsche Kinderschutzbund fordert Bund, Länder und Gemeinden auf, endlich umfangreiche integrierte Hilfeleistungen vielfältigster Art aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich als Leistungen aus einer Hand anzubieten. In einer zunehmend komplizierter gewordenen Welt von Zuständigkeiten verschiedenster Träger sind viele Familien nicht in der Lage, für sie angemessene Hilfen nachzufragen bzw. sie ggf. einzufordern. Hier sind über alle Zuständigkeitsregelungen hinweg differenzierte aktivierende Hilfeangebote vorzusehen, die mit Nachdruck für diese Familien bereitgestellt werden.
Der DKSB verfolgt mit zunehmender Sorge die politischen Reaktionen auf drängende Probleme von Kindern, die gekennzeichnet sind von Einzelaktionen, vorgeblichen Patentlösungen, Restriktionsandrohungen gegen Eltern und Installation immer neuer Modellprojekte. Dazu kommt eine polarisierte politische Diskussion über Kinderbetreuung und die Konzipierung früher Hilfen für junge Familien.
Der DKSB fordert die Bundesregierung und die im Bundestag vertretenen Parteien auf, sich der in der UN-KINDERRECHTSKONVENTION festgelegten und auch von Deutschland anerkannten Verpflichtungen bewusst zu sein, an ihrer Verwirklichung zu arbeiten und Politik für Kinder ausschließlich an deren Bedürfnissen zu orientieren. Die Vorbehalte der Bundesrepublik Deutschland gegen die UN-Kinderrechtskonvention sind unverzüglich zurückzunehmen.
Insbesondere fordert der DKSB
1. gemäß Art. 18 Abs. 1 der UN-KINDERRECHTSKONVENTION den Grundsatz sicherzustellen, dass beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind.
Die aktuelle Diskussion über den Ausbau eines Kinderkrippenangebotes wird einseitig zu Lasten der Mütter geführt. Die Verantwortung beider Elternteile für das Kind wird kaum sichtbar. Es entspricht den grundsätzlichen Bestimmungen des deutschen Familienrechts, dass die Eltern in gegenseitiger Respektierung ihrer persönlichen Situation die Aufgabe der Erziehung und Versorgung innerhalb der Familie in gegenseitigem Einvernehmen wahrnehmen.
2. gemäß Art.18 Abs. 2 der UN-KINDERRECHTSKONVENTION die zur Gewährleistung und Förderung der in diesem Übereinkommen festgelegten Rechte der Kinder und die zur Unterstützung der elterlichen Erziehungsaufgaben notwendigen Institutionen, Einrichtungen und Dienste zur Betreuung von Kindern auszubauen oder zu schaffen. Allerdings müssen solche Angebote, insbesondere die Kindertagespflegestellen und die institutionelle Kindertagesbetreuung als fachlich und finanziell gleichwertig ausgestattet werden. Die durch solche Angebote initiierten und verstärkten Bildungs- und Sozialisationsprozesse sind eine wichtige Erweiterung der von den Eltern gewünschten und vielfach auch begonnenen Bildungs- und Entwicklungsverläufe. Für viele Kinder stellen sie aber auch eine wichtige Kompensierung elterlicher Versäumnisse und Fehlhaltungen dar.
Es wird zunehmend deutlich, dass viele Kinder allein durch ihre Eltern nicht in dem erforderlichen Umfang gefördert werden können, der ihnen ein Aufwachsen unter bestmöglichen Bedingungen erlaubt. Insbesondere Eltern, die durch Armut, Arbeitslosigkeit oder mangelnde eigene Bildung benachteiligt sind, bedürfen der Unterstützung durch die staatliche Gemeinschaft. Aber auch neuere Ergebnisse der Entwicklungs- und Bindungsforschung machen deutlich, dass Eltern nicht allein gelassen werden dürfen. Deshalb muss die aktuelle Diskussion über Frühförderung und Betreuung losgelöst werden von den berechtigten Interessen an der Berufstätigkeit beider Eltern und orientiert werden an den Bedürfnissen der Kinder. Nur so ist der gravierenden Chancenungleichheit, die sich mit immer weiter steigender Armut ständig verschärft, dauerhaft zu begegnen. Der DKSB fordert den ungehinderten Zugang zu hochwertigen Betreuungseinrichtungen ausschließlich an den Bedürfnissen der Kinder zu orientieren.
3. das Recht des Kindes auf ein erreichbares Höchstmaß an Gesundheit sowie auf Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit anzuerkennen. Keinem Kind darf das Recht auf eine ganzheitliche Förderung seiner Gesundheit im Sinne der WHO vorenthalten werden. Art. 24 Abs. 2 der UN-KINDERRECHTSKONVENTION zählt hierzu insbesondere
- den Ausbau einer gesundheitlichen Grundversorgung - Bekämpfung von Krankheiten sowie Unter- und Fehlernährung - Ausbau der Gesundheitsvorsorge und der Elternberatung.
Darüber hinaus erwartet der DKSB, dass im Sinne einer ganzheitlichen Förderung der Gesundheit ausgebaut oder initiiert werden
- Aufklärung über die Bedeutung der Kindergesundheit durch öffentliche Kampagnen, aufsuchende Hilfen für junge Eltern und Risikofamilien - Ergänzende, gesundheitsbezogene Hilfen für Kinder in Armutsfamilien, z.B. Mittagessen in Eltern-Kindzentren, Kindertagesstätten und Schulen, Übernahme von Beiträgen für Sportvereine, Anerkennung eines Sonderbedarfes für Kindersportkleidung beim Bezug von Sozialgeld - Vermittlung von Kenntnissen über die Gesundheit und Ernährung eines Kindes - Kind- und familiengerechte Gesundheitsbildung z.B. in Eltern-Kindzentren, Kindertagesstätten und Schulen
Der DKSB fordert daher eine umfassende zielgruppenspezifische Zusammenarbeit von Sozial- und Gesundheitsdiensten, um eine bestmögliche Förderung aller Kinder zu gewährleisten. Dabei kann es nicht darum gehen, immer neue sog. Modellprojekte zu entwickeln, sondern
- Regionale Hilfenetze aufzubauen und bereits vorhandene zu optimieren - diese regionalen Hilfenetze an dem Bedarf und den defizitären Strukturen ausgewiesener Sozialräume auszurichten - die Kommunen und Landkreise bei dem Aufbau solcher Unterstützungs- und Hilfesysteme fachkundig zu begleiten (vg. DJI: Abschlussbericht : Kurzevaluation von Programmen zu Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und sozialen Frühwarnsystemen in den Bundesländern, 18.1.2007, S. 77).
Die aktuelle Entwicklung wird nach Auffassung des DKSB zu sehr davon bestimmt, dass die Folgen und Begleiterscheinungen von Armut und anderen sozialen Problemlagen auf rein medizinische bzw. gesundheitliche Fragestellungen reduziert werden. Die gesundheitlichen Probleme sind aber bei genauerer Analyse in vielen jungen Familien Teil eines sehr umfänglichen sozialen Problemzusammenhangs und können demzufolge auch nur in einer engen Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsdiensten und den Sozialdiensten gelöst werden.
Der DKSB hält es in jedem Fall für geboten, die Wirksamkeit der zu entwickelnden Hilfen sorgfältig und regelmäßig auszuwerten.
Pressekontakt:
Deutscher Kindeschutzbund - Bundesverband e.V.
Paula Honkanen-Schoberth
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