All Stories
Follow
Subscribe to Deutscher Ethikrat

Deutscher Ethikrat

Ethikrat weist Kritik an Stellungnahme zur anonymen Kindesabgabe zurück

Berlin (ots)

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates (DER), Edzard Schmidt-Jortzig, betonte am heutigen Dienstag, dass der Ethikrat keineswegs - wie es von manchen Kritikern vorgebracht wird - das Leben eines Kindes geringer gewichtet als die Kenntnis um seine Herkunft.

Vielmehr geht der Ethikrat nach Prüfung aller verfügbaren Erkenntnisse davon aus, dass Babyklappen die Frauen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihr Kind aussetzen oder sogar töten könnten, von dem Angebot der anonymen Kindesabgabe nicht erreicht werden. Es ist auch zu bedenken, dass die Zahl der Kindstötungen durch das Angebot anonymer Kindesabgabe nicht gesunken ist und dass forensisch-psychiatrische Gutachten gegen die Annahme sprechen, dass Frauen, die ihr Kind getötet haben, in der Lage gewesen wären, es in eine Babyklappe zu bringen.

Die Angebote anonymer Geburten und institutionalisierte Babyklappen geben grundsätzlich falsche Signale, indem sie eine normal erscheinende Handlungsoption offerieren. Bei der ethischen Bewertung der Angebote anonymer Kindesabgabe darf nicht vergessen werden, dass die Stärkung der elterlichen Verantwortung die dominierende moralische Maxime ist. Die Gesellschaft sollte daher keine direkten und auch keine indirekten Anreize bieten, Eltern aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Viel hilfreicher für eine schwangere Frau oder eine Mutter, die sich in einer Not- oder Konfliktlage befindet, sind - je nach ihrer individuellen Situation - konkrete Hilfen und eine Beratung, die auch jetzt schon anonym möglich ist.

Es gibt in Deutschland ein flächendeckendes Netz an gut erreichbaren Beratungsstellen und Adoptionsvermittlungsstellen, die sich um die Probleme schwangerer Frauen und Mütter fachkundig kümmern und die bei der Abgabe des Kindes an staatliche Stellen helfen können, ohne dass das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft verletzt werden muss. Diese Hilfen sollten stärker bekannt gemacht und ergänzt werden sowie rund um die Uhr verfügbar sein.

"Gerade die praktischen Erfahrungen von Anbietern, Geburtshelfern, von für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie Adoption zuständigen Behörden und von Psychologen sind Grundlage der Meinungsbildung im DER gewesen", erklärt Schmidt-Jortzig.

Die in der Vergangenheit unternommenen Versuche, Babyklappen und anonyme Geburten auf eine legale Grundlage zu stellen, sind immer wieder an verfassungsrechtlichen Bedenken gescheitert.

Demgegenüber wäre die vom Ethikrat vorgeschlagene gesetzliche Regelung für eine "vertraulichen Kindesabgabe mit vorübergehend anonymer Meldung" verfassungsrechtlich tragfähig. Sie würde Schwangeren bzw. Müttern in Notsituationen, die die regulären Hilfen meinen nicht in Anspruch nehmen zu können, einen angemessenen Zeitraum größtmöglicher Vertraulichkeit zur Lösung ihrer Probleme im Rahmen einer Beratung und Begleitung sichern und gleichzeitig die Belange des Kindes und des Vaters möglichst wenig und nur vorübergehend beeinträchtigen.

Die Stellungnahme ist unter www.ethikrat.org abrufbar.

Pressekontakt:

Ulrike Florian
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Deutscher Ethikrat
Jägerstrasse 22/23
D-10117 Berlin

Tel: +49 +30 203 70-246

Original content of: Deutscher Ethikrat, transmitted by news aktuell

More stories: Deutscher Ethikrat
More stories: Deutscher Ethikrat
  • 26.11.2009 – 10:59

    Ethikrat legt Stellungnahme zur anonymen Kindesabgabe vor

    Berlin (ots) - Unter dem Titel "Das Problem der anonymen Kindesabgabe" hat der Deutsche Ethikrat heute seine erste Stellungnahme verabschiedet. Die seit 1999 in Deutschland eingerichteten Babyklappen sowie die Angebote zur anonymen Geburt wurden mit dem Ziel geschaffen, Kindsaussetzungen und -tötungen zu verhindern. Schätzungen zufolge sind durch diese Angebote seit ihrer Einführung mehr als 500 Kinder zu Findelkindern ...

  • 25.06.2009 – 15:01

    Deutscher Ethikrat veranstaltete Forum zu Fragen der personalisierten Medizin

    Berlin (ots) - Unter dem Titel "Die Medizin nimmt's persönlich" hat der Deutsche Ethikrat am 24. Juni im Rahmen seiner dritten öffentlichen Abendveranstaltung der Reihe "Forum Bioethik" über Möglichkeiten und Grenzen der Individualisierung von Diagnose und Therapie diskutiert. Therapien seien nicht so wirksam, wie sie sein könnten, weil viele Patienten Medikamente ...

  • 29.05.2009 – 12:44

    Erste Jahrestagung des Deutschen Ethikrates zur Neuroethik fand große öffentliche Resonanz

    Berlin (ots) - Mehr als 450 Teilnehmer aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens verfolgten am 28. Mai 2009 in Berlin die erste Jahrestagung des Ethikrates zum Thema "Der steuerbare Mensch? Über Einblicke und Eingriffe in unser Gehirn". Die Neurowissenschaften entwickeln immer neue Erkenntnis- und Handlungsmöglichkeiten, deren Tragweite trotz oder gerade ...