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Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Die Situation ist noch ernster als sie aussieht
Dr. Otto Graf Lambsdorff über die PISA-Studie, in der deutsche Schüler im internationalen Vergleich schlecht abschnitten

Potsdam-Babelsberg (ots)

Fast ein Viertel der deutschen Schüler
verfügt nur über unzureichende Lese- und Schreibfähigkeiten. Das
ergab der PISA-Test, eine umfassende internationale Vergleichsstudie.
"Dass deutsche Schüler im internationalen Vergleich immer schlechter
abschneiden, daran haben wir uns über die Jahre hinweg schon fast
gewöhnt", meinte der Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung, Dr.
Otto Graf Lambsdorff, zu der kürzlich veröffentlichten Studie. "Aber
langsam sollte man merken, dass hier nicht nur die Schöngeistigkeit
der deutschen Jugend als solche auf dem Spiel steht. Die Resultate
der PISA-Studie stehen für ein soziales und wirtschaftliches Debakel
der Sonderklasse."
Offenbar unterschätze man in Deutschland die wichtige Rolle, die
Bildung im wirtschaftlichen Wettbewerb spielen. Die deutsche
Bildungsmisere sei auch, so Lambsdorff, eine wesentliche Ursache für
die gegenwärtige Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft. Die
Globalisierung aller Lebensbereiche biete vor allem jungen Menschen
in unserem Lande neue Wohlstandschancen und Aussichten auf ein
erfüllteres Leben. Diese Chance müsse man aber nutzen und nicht
verspielen, sagte Lambsdorff weiter. Über Jahrzehnte sei unser
Bildungssystem einem Wechselbad von einseitigen Reformexperimenten
ausgesetzt gewesen, die weder den Elterninteressen noch der Bildung
der Schüler noch den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Landes gerecht
wurden. So erkläre sich, dass trotz hoher Arbeitslosigkeit es in
vielen Wirtschaftssektoren einen eklatanten Mangel an qualifizierten
Bewerbern gebe.
Als Reaktion auf den PISA-Bericht ist die Politik mit Rezepten
schnell zur Hand: So sollen etwa auf breiter Front Ganztagsschulen
eingeführt werden. Dabei favorisiert der Report keine spezielle
Schulform. Wir brauchen keine zentralen Vorgaben zu Schulformen und
Lehrmethoden. Das einzige Instrument, das zu einer Erhöhung der
Qualität des Bildungsangebotes führt, ist urliberal: Es ist der
Wettbewerb. Die Schulen müssen über ihre Angebote frei entscheiden
können, die Eltern darüber, auf welche Schulen sie ihre Kinder
schicken.
Die besten Methoden können nur gefunden werden, wenn es ein
möglichst vielfältiges Angebot gibt. Ideologische Barrieren gegen
bestimmte Schulformen sind kontraproduktiv. Gerade Privatschulen
können einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Bildungsangebotes
leisten. Wettbewerb muss es nicht nur zwischen den Schulen geben,
sondern auch zwischen den Lehrern. Der vollkommen überholte
Beamtenstatus der Lehrerschaft muss durch ein System der
leistungsgerechten Entlohnung und der Personalhoheit der Schulen
abgelöst werden. Wettbewerb und Wahlfreiheit sind somit die Schlüssel
zu einer Verbesserung der Schulbildung in Deutschland. Diese ist eine
der Voraussetzungen für eine höhere Beschäftigung und damit für mehr
Wohlstand und eine Entlastung der Sozialsysteme.
Lambsdorff hob weiterhin hervor, dass der Bildungsstandard in den
Bundesländern verschieden sei. Offensichtlich sei ein Abitur aus
Bayern und Baden-Württemberg mehr wert als eines in Berlin und
Bremen. Auch zwischen den Bundesländern müsse daher ein schärferer
Wettbewerb herrschen. Die richtige Forderung des PISA-Berichts nach
verbesserter Förderung von Grundfähigkeiten sollte niemanden
verlocken, nach mehr Zentralismus im Bildungswesen zu rufen. Im
Gegenteil, so Lambsdorff, man müsse eher die Kartellierung im
föderalen Bildungssystem durch die Kultusministerkonferenz
hinterfragen. "Nicht nur die Bildungseinrichtungen selbst, sondern
die Bildungspolitiker müssen die frische Luft des Wettbewerbs
spüren."
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