Katja Riemann zu küssen ist wunderbar Tele 5-Exklusiv-Interview mit dem TV-Star Martin Feifel
München (ots)
In 'Rosenstraße' kämpft Katja Riemann darum, ihren jüdischen Ehemann, gespielt von Martin Feifel, wiedersehen zu dürfen. Der 43-jährige Schauspieler über seine Filmgeliebte, schlechte Bücher, Auflehnung und die Suche nach dem Clown in sich.
Tele 5 zeigt 'Rosenstraße' mit Katja Riemann, Jochen Vogel und Martin Feifel am Pfingstmontag, 12. Mai um 22.35 Uhr
Tele 5: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem bewegenden Spiel in 'Rosenstraße'! Wie haben Sie die Dreharbeiten empfunden?
Martin Feifel: Das waren schon mit meine schönsten Dreharbeiten, die ich bisher erleben durfte. Dies ist vor allem der tollen Regie von Margarethe von Trotta geschuldet. Ihre Art mit freundlicher Autorität das Spiel zu leiten, ihre gefühlvolle Intelligenz, die eingeforderte unbedingte Konzentration aller Beteiligten - all das hatte ich in dieser Form kaum vorher erleben dürfen. Das intensive Spiel ist dann eben nicht nur Anstrengung, sondern auch die Erfüllung schauspielerischer Sehnsucht, einer Figur eine Tiefe geben zu können, eine Glaubwürdigkeit. Dazu kommen natürlich: das schöne Drehbuch, die wunderbaren Kollegen, die Kamera, bei der man sich immer auch behütet gefühlt hat.
Was bedeutet Ihnen der Film, wie sehen Sie ihn heute?
'Rosenstraße' ist für mich einer der wichtigsten Filme der neueren Zeit über die Ausrottung der Juden. Er wirft die Frage nach einem möglichen Widerstand gegen den faschistischen Terror auf - ohne es sich da leicht zu machen. Dass der Widerstand im Film hauptsächlich von Frauen (Liebenden, Hoffenden) kommt, ist ein kleines historisches Ereignis gewesen, verwundert aber nicht, da Frauen in der Not schon immer die Kraft hatten, zumindest den Versuch zu unternehmen, das Leben zu erhalten und zu gestalten.
Sie haben von Katja Riemanns "intensiver Darstellung" gesprochen. Was hat Sie am meisten an ihr beeindruckt?
Schauen sie sich diese Frau an! Privat wie im Spiel! Das leuchtet, das funkelt und schillert in allen Farben! Selten habe ich eine so wunderbare Kollegin im Spiel so lieben dürfen...! Da treffen sich zwei Kollegen, die eine Lust haben, sich so unbedingt in die Rolle fallen zu lassen, da muss man nicht mehr über das Küssen nachdenken oder reden, das tut man dann einfach so, wie die Rollen das brauchen, um glaubwürdig zu sein und das Gefühl einer großen Liebe nachvollziehbar zu machen. Katja Riemann polarisiert in der Branche stark. Für mich ist sie eine meiner liebsten Kolleginnen, weil sie immer versucht, mutig Haltung zu beziehen - das ist selten geworden in unserer Branche - und dadurch immer angreifbar bleibt. Ich ziehe meinen Hut vor ihr und hoffe, dass wir noch einige Male zusammen arbeiten können.
In 'Das wahre Leben' haben Sie auch mit ihr zusammen gespielt. War es anders, eine dunkelhaarige Riemann zu küssen?
Da müssen wir gar nicht drüber reden. Andere Rolle, andere Emotionen, andere Liebe, andere Sehnsüchte und Verzweiflungen. Das tut unserer Art zu spielen keinen Abbruch, man stürzt sich hinein und lässt die entsprechenden Emotionen zu. Punkt.
In 'Rosenstraße' gehen Frauen dafür auf die Straße, ihre Männer wiederzusehen. Wofür lohnt es sich heute zu kämpfen? Gegen was lehnen Sie sich auf?
Das gäbe eine schier unendliche Liste. Leider ist die Kultur des "Auf-die Straße-gehens" mehr oder weniger ausgestorben. Hunger, Durst, Ausbeutung, Benachteiligung der Frauen, Kinder, böten genug Stoff sich aufzulehnen, wachzurütteln! Ich persönlich bin zurzeit erschüttert über die Ungerechtigkeit der sogenannten "Solidargemeinschaft". Wir unständig Angestellten bei Film und Fernsehen zahlen sehr, sehr viel Geld in die Sozialkassen ein, haben aber niemals Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Hartz 4. Wenn ich mal arbeitslos bin - und das geht schneller als man denkt - stehe ich schlicht auf der Straße und kann schauen, wo ich bleib'. Das ist eine Ungerechtigkeit, die einfach so hingenommen wird von der Politik. Schmücken tun sich alle immer gerne mit uns Kulturschaffenden, aber Verantwortung will keiner übernehmen!
Sie spielen oft ernste und sogar tragische Rollen. Warum wollten Sie ursprünglich Clown werden?
Ach! Schauen sie, Clown werden kann man nicht. Es heißt so schön "man muss seinen Clown finden". Das habe ich bis heute nicht. Abgesehen von körperlichen Problemen in der Ausbildung an der "Scuola Teatro Dimitri" im Tessin, konzentrierte sich mein Ausdruckswille immer mehr in Richtung Tragödie und Theater. Meiner Meinung nach ist die menschliche Tragödie immer ganz nah am Clown. (Siehe Beckett.) Ich weiß, dass ich ihn in mir trage und er blitzt manchmal auf... irgendwann wird er kommen. Dann bin ich soweit. Das ist fast ein Mysterium... "Wir sind in die Welt gevögelt und können nicht fliegen!" (Werner Schwab)
Viele Ihrer Kollegen beschweren sich, dass sie keine guten Drehbücher bekommen. Sie sind sowohl in TV-Serien als auch in anspruchsvollen Filmprojekten zu sehen. Wie schaffen Sie es, für beides Angebote zu bekommen, ohne auf eines festgelegt zu werden?
Die Beschwerde über schlechte oder ängstliche Bücher führe ich auch. Dank meines Sturkopfes und Dank meines Agententeams bei Volker Störzel, finde ich hier eine gesunde Mischung aus hochanspruchsvollen Rollen, kommerziellem Fernsehmist, mundartlichen (Bayerischen, Berlinerischen) Komödien, usw. Natürlich würde ich mir wünschen, häufiger in anspruchsvollen, größeren Rollen angefragt zu werden, aber ich entspreche wohl nicht der Quotenhörigkeit der Verantwortlichen. Ich bin zwar präsent und ganz gut, aber ich stehe halt nicht in der "Bunten". Das sind Geheimnisse, die ich nicht nachvollziehen kann... warum immer die Selben das Gleiche spielen müssen?? Ist halt wahrscheinlich quotensicherer! Peinlich, das!
"Das ist Martin Feifel. Wenn Ihr mal in tiefe Abgründe blicken wollt, dann schaut Euch sein Demoband an. Das ist Seelenchaos vom Feinsten." Das soll Franz Xaver Bogner gesagt haben. Ein großes Kompliment. Kennt der private Martin Feifel diese Abgründe auch oder versuchen Sie, sich das Chaos für die Kunst aufzuheben?
Natürlich kenne ich viele Zustände persönlich. Aber nur in der Umsetzung für die Bühne oder das Set machen sie Sinn. Als Nachtrag zu diesem Zitat sollte man hinzufügen: F.X. Bogner: "Und jetzt schau mer mal, ob der des auch komisch kann!"
Sie sind selten auf roten Teppichen zu sehen. Warum? Sind Sie wirklich gar kein Party-Fan?
Es tut mir leid! Ich kann diesen Partys wirklich nichts abgewinnen. Natürlich freue ich mich immer Kolleginnen und Kollegen zu treffen, aber ich ziehe private Zusammenkünfte vor. Man kann sich intensiver unterhalten und/oder Pläne schmieden. Die Filmpreisgala und die nachfolgende Party war dieses Jahr für mich zum ersten Mal entspannt und wohlgemut... mir hat das gefallen, und ich freue mich für alle Preisträger sehr. Gratulation vom Herzen!
Vor kurzem haben Sie 'Die Boodenbrooks' abgedreht. Worauf dürfen wir uns freuen?
Ich hatte sehr, sehr wenige Drehtage bei den 'Buddenbrooks', leider! Mir hat die Arbeit mit Heinrich Breloer und Gernot Roll viel Spaß gemacht. Auch mit den Kollegen. Die Rolle "Permaneder" hat mir Freude bereitet, zumal Breloer diese Figur aus der "Mann'schen" Karikatur der Münchner rausholen wollte. Ich hoffe, dies gelingt. Am 25.12.08 soll Premiere im Kino sein. Ich wünsche uns Merda! Merda! Merda!
Was darf man über Martin Feifels Privatleben, sein Familienleben wissen?
Ich habe ein wunderbares Zusammenleben mit meiner Freundin Judith Sutter (Agentur "Judith Sutter Management"). Wir trennen Bett und Arbeit - das ist gut so. Mehr ist nicht zu sagen.
Was wäre Ihr Traum für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass mir mal wieder Rollen angeboten werden, die im Kino relevant sind. Ich bin zu vielen "Schandtaten" bereit, möchte mittun im Kinofilmbereich in Deutschland. Verstehe nicht wirklich, warum ich in diesem Bereich so wenig angesprochen werde!?
Interview: Michaela Simon
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