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Tim Burton: "Ich empfand meine Umwelt wie die Nacht der lebenden Toten" - Free-TV-Premiere auf Tele 5: 'Corpse Bride - Hochzeit mit einer Leiche', Sa., 27.09, 20.15 Uhr

Tim Burton: "Ich empfand meine Umwelt wie die Nacht der lebenden Toten" - Free-TV-Premiere auf Tele 5: 'Corpse Bride - Hochzeit mit einer Leiche', Sa., 27.09, 20.15 Uhr
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München (ots)

Tim Burton (50) im Interview mit Tele 5 über seine Vorlieben für 
den Tod, dunkle Kleidung und Johnny Depp.
Tele 5: 'Corpse Bride - Hochzeit mit einer Leiche' ist nach 
'Nightmare before Christmas' Ihr zweiter Puppentrickfilm. Haben Sie 
schon als Kind gern mit Puppen gespielt?
Tim Burton: Das nicht, aber ich habe schon immer gern Monsterfilme
gesehen, besonders die von Ray Harryhausen. Stop-Animation-Filme wie 
'Sindbads siebente Reise' oder 'Die geheimnisvolle Insel' haben ganze
Generationen von Filmemachern inspiriert - auch mich. Seine 
Plastikkreaturen hatten für mich immer mehr Persönlichkeit als die 
echten Darsteller, und ich fand es jedes Mal tragisch, wenn sie 
sterben mussten.
Um das Thema Tod geht es wie in vielen Ihrer Filme auch in "Corpse
Bride". Warum fühlen Sie sich davon so angezogen?
Ich bin in einem Vorort von Burbank, Kalifornien, aufgewachsen. 
Ein Sonnenstaat - und trotzdem empfand ich meine Umwelt wie die Nacht
der lebenden Toten. Alles war so ernst und geordnet, über den Tod 
sprach man schon gar nicht, weil er als etwas Schlimmes empfunden 
wurde. Da ich aber nahe der Grenze zu Mexiko wohnte, war ich 
fasziniert, wie man dort mit Tod umging. Es gibt sogar einen ganzen 
Tag, an dem die Toten gefeiert werden mit Skeletten, Tanzen und 
Singen. Ein sehr humorvoller Umgang, der mich immer angesprochen hat.
Hat das auch damit zu tun, dass man Sie stets in schwarzer 
Kleidung antrifft?
Da steckt keine Bedeutung hinter. Ich mache mir nur nichts aus 
Kleidung. Ich will beim Aufstehen nicht erst überlegen müssen, was 
ich heute anziehen soll und auf welche Farbe ich Lust habe. Ich 
kleide mich Schwarz, um mehr Ruhe und Zeit für andere Dinge zu haben.
Manchmal lasse ich mir von einem T-Shirt sogar zehn anfertigen, um 
mich damit nicht weiter belasten zu müssen.
Inzwischen leben Sie in London, wo es kälter und dunkler ist als 
in Kalifornien...
Na und? Ich hatte genug vom schönen Wetter. Außerdem gehe ich gern
spazieren. Wenn man in Los Angeles durch die Straßen läuft, wird man 
sofort schief angeguckt. Man wird gleich für einen Obdachlosen 
gehalten und von der Polizei gestoppt. In Los Angeles ist ein 
Spaziergang anscheinend nicht erlaubt.
Die meisten Filme drehten Sie in echten Kulissen. 'Corpse Bride' 
ist im Stop-Animation-Verfahren entstanden. Würden Sie sich als einen
altmodischen Filmemacher bezeichnen?
Ich habe nichts gegen die technischen Errungenschaften beim Film 
und nutze sie, wenn es nicht anders geht. Aber wenn ich ehrlich bin, 
mag ich die Art wie man Filme früher gedreht hat. Bei echten Kulissen
hat man eine viel stärkere emotionale Bindung zu dem Ganzen, als wenn
später alles am Computer einkopiert wird. Für 'Corpse Bride' 
brauchten wir über zehn Jahre, weil es immer schwieriger wird, Leute 
zu finden, die das alte Stop-Motion-Handwerk noch verstehen. Das ist 
eine traurige Entwicklung.
Sie haben Ihre Karriere als Zeichner bei Disney begonnen. Was 
sagen Sie dazu, dass man den Zeichentrickfilm mittlerweile für tot 
erklärt hat?
Das ist absurd! Das zeigt doch nur, wie eingeschränkt manche Leute
im Denken sind, besonders in Hollywood. Tatsache ist doch, dass nur 
einer kommen muss und wieder einen ganz großen Zeichentrickfilm 
macht, und schon werden alle Studios ihre Zeichentrickabteilungen 
wieder aktivieren. Computeranimierte Filme sind zurzeit deshalb so 
gefragt, weil Pixar damit so erfolgreich ist. Dafür gibt es einen 
Grund, und zwar nicht der, dass sie am Computer arbeiten, sondern 
weil sie großartige Filme machen. Es ist verkehrtes Denken, was da 
gerade in Hollywood passiert.
Halten Sie sich lieber in der Wirklichkeit oder in Ihrer eigenen 
Phantasiewelt auf?
In meiner Phantasie habe ich oft Realität gefunden. Man sagt, 
Träume sind unwahr, aber im Unterbewusstsein können sie ziemlich echt
sein. Ich glaube, es ist wichtig, dass man beides hat. Manchmal ist 
die phantastische Welt sogar die realere Welt, weil das 
Unterbewusstsein stärker ist. So haben mich etwa in meiner Kindheit 
die alten deutschen Stummfilme wie die von Fritz Lang geprägt, weil 
sie weit von der realen eintönigen Welt um mich herum entfernt waren 
und mir so als Fluchtmöglichkeit dienten.
Muss man einen Teil seiner Kindheit bewahrt haben, um solche Filme
wie Sie drehen zu können?
Kinder haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber Erwachsenen: 
Sie sehen die Welt immer wieder mit neuen Augen. Das ist eine 
großartige Sache, und jeder Künstler versucht, seine Welt auf diese 
wunderschöne Weise wieder zu entdecken. Das sollte man sich bewahren.
Gerade in einer Zeit, die von Technologie und Erfolg geprägt wird. 
Wir arbeiten, um Geld zu verdienen, gründen Familien und verlieren 
dabei nicht selten den Sinn für Tagträume oder die Gabe, seine Welt 
mal von einer anderen Perspektive zu betrachten.
Sie haben zuletzt mit 'Sweeney Todd' ein Bühnenmusical verfilmt, 
das Sie schon vor über 20 Jahren in London gesehen haben. Was hat Sie
damals so fasziniert, dass Sie daraus einen Film machen wollten?
Mich faszinierte, dass die Geschichte allein durch den Gesang 
erzählt wird. Das fühlte sich an wie ein Stummfilm mit Musik, durch 
die alle Emotionen getragen werden. Genau das interessierte mich, 
weshalb ich auch beim Film mit möglichst wenigen Sprechdialogen 
auskommen wollte, was eher dem klassischen Leinwandmusical 
entsprochen hätte.
Wieder haben Sie Johnny Depp für die Hauptrolle gewonnen, mit dem 
Sie bereits zum sechsten Mal zusammenarbeiteten. Kann er Sie 
überhaupt noch überraschen?
Auf jeden Fall! Jeder Film bringt etwas Neues in Johnny hervor, 
ganz besonders dieser. Denn einen singenden Johnny Depp hat die Welt 
noch nicht erlebt. Wir kennen uns nun schon so lange, und was uns 
verbindet, ist das Gefühl, Außenseiter zu sein. So fühlte ich mich 
schon als Kind, und als ich erstmals Johnny traf, der damals ein 
Teenageridol war, spürte ich instinktiv, dass er sich innerlich ganz 
anders fühlte als ein beliebter Filmstar.
Neben der Filmarbeit schreiben Sie auch Kurzgeschichten, die in 
dem Buch "The Melancholy Death of Oyster Boy and other Stories" 
zusammengefasst wurden. Werden Sie in diese Richtung weiterarbeiten?
Ich sitze bereits an einigen Geschichten, habe aber das Pech, dass
ich noch nicht so viele zusammen habe, um damit noch ein weiteres 
Buch zu füllen. Ich werde aber weiter dranbleiben und zwischen meinen
fertigen Filmen immer mal wieder zum Stift greifen. Das entspannt 
mich, aber ich will mir selbst keinen Druck machen.
Interview: Markus Tschiedert
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