1000 Fragen zu Bioethik und Biotechnologie
Das Fragen kann beginnen
Bonn (ots)
Tausend Fragen statt vorschneller Antworten: Mit diesem Ziel startet die Aktion Mensch das "1000Fragen"-Projekt. Ziel ist es, die (bio-)ethische Diskussion neu aufzunehmen und zu einer breiten demokratischen Meinungsbildung beizutragen. Denn bevor verbindliche Antworten für alle gegeben werden, müssen erst die richtigen Fragen gestellt werden - von allen. Gesucht und gesammelt werden Fragen, die sich auch vor dem Hintergrund persönlicher Erfahrungen mit den Chancen und Risiken von Biotechnologien und den Entwicklungen in der modernen Medizin auseinandersetzen. Mitmachen kann jeder: Unter www.1000fragen.de findet man umfassende Informationen und die Möglichkeit, seine eigene Frage einzutippen. Ab März kommenden Jahres werden die gesammelten Fragen auf Plakaten, in Anzeigen und Kino-Spots veröffentlicht und an die Verantwortlichen in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft übergeben.
Am 10. Oktober 2002 geht die Internetadresse www.1000fragen.de, die kommunikative Plattform des Projekts, online. Über zwei Monate wird 1000Fragen durch Plakate, Anzeigen und Kinospots unterstützt: Wesentliche Themen ethischer Diskussionen wie Präimplantationsdiagnostik (PID), Genforschung, Gentests, das Klonen, aber auch das Forschen an nicht einwilligungsfähigen Personen und die Sterbehilfe werden zur Diskussion und in Frage gestellt.
Mit ihrem Projekt möchte die Aktion Mensch:
- einer breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, sich an den Diskussionen über ethische Fragen der modernen Medizin und Biotechnologie zu beteiligen;
- die Diskussion, die zuletzt durch die Debatte um gesetzliche Regelungen für den Import embryonaler Stammzellen für Forschungszwecke eine Verengung, Zuspitzung und teilweise auch eine Polarisierung erfahren hat, erneut öffnen und thematisch verbreitern;
- einen besonderen Beitrag zur Aufklärung über die Bedeutung und das Verständnis von "Behinderung", "Krankheit" und "Leid" leisten. Die persönlichen, gesellschaftlichen und ethischen Dimensionen dieser Phänomene sind Dreh- und Angelpunkt aller moralischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den Entwicklungen in Medizin und Biotechnologie;
- denjenigen ein Forum bieten, die auf Grund ihrer eigenen Biografie Experten in diesen Themen sind: behinderten Menschen, ihren Angehörigen und Verbänden.
In den kommenden Jahren werden von den Politikern Antworten auf sehr schwierige Fragen aus dem Bereich der modernen Medizin und Bioethik erwartet. "Bevor man sich auf Antworten festlegt, gilt es zunächst herauszufinden, ob überhaupt die richtigen Fragen gestellt wurden; insbesondere dann, wenn Antworten gesucht werden, die in Zukunft für die Gesellschaft als verbindlich gelten sollen", so Heike Zirden, Pressesprecherin der Aktion Mensch. Das Fragen wolle man dabei nicht allein den Berufs-Ethikern überlassen. Zwar sei die bisherige Debatte insbesondere im vergangenen Jahr auf einem sehr hohen Niveau verantwortlich geführt worden, die breite Öffentlichkeit habe dabei jedoch allenfalls als "Zaungast" teilnehmen können. Ein breit angelegter Prozess demokratischer Willensbildung sowie die Einbeziehung von Laien in Ethik-räte, Anhörungen und Kommissionen bleibe jedoch unumgänglich. Beispiele aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass informierte bioethische Laien durchaus in der Lage sind, die Problematik des Themas zu erfassen, Fragen zu entwickeln und Antworten zu geben. Dabei habe sich gezeigt, dass sie mit den neuen Möglichkeiten, die Medizin und Biotechnologie heute bieten, tendenziell kritischer umgehen als viele Experten.
Fragen sollen die Diskussion offener halten
"In der politischen Auseinandersetzung bedeutet das Fragen häufig eine Form von Schwäche, denn es kann Nachdenklichkeit, Differenziertheit, Zögern, Unsicherheit, Unschlüssigkeit oder Uninformiertheit, ja sogar Schwierigkeiten und Streit signalisieren", erläutert Zirden. Dennoch weist die Aktion Mensch dem Fragezeichen eine Schlüsselrolle in ihrer neuen Initiative zu: Denn das Eingeständnis solcher vorgeblichen "Schwächen" sei die wichtigste Voraussetzung für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den in Frage stehenden Themen. Mit der Frageform wolle man Gespräche initiieren und eine grundsätzliche Offenheit der Diskussion wahren: "Es geht nicht um einen "Kulturkampf", um einen Angriff auf Andersdenkende", so Zirden, sondern da-rum, "die Möglichkeiten und Verwerfungen , die sich aus den Fortschritten in Medizin und Biotechnologie ergeben, mitsamt ihren möglichen sozialen und kulturellen Auswirkungen durch intensive Befragung auszuloten."
Antworten möchte die Aktion Mensch nicht geben: "Wir verstehen unsere Rolle so, dass wir ein öffentliches Forum schaffen, in dem Diskussionen überhaupt möglich werden. Natürlich werden in den Diskussionen dann auch Antworten verhandelt, aber die können nicht von der Aktion Mensch vorgegeben werden", erklärt Zirden.
Die zwei Phasen von "1000Fragen"
Das "1000Fragen"-Projekt gliedert sich in zwei Phasen: In der ersten, jetzt begonnenen, werden möglichst viele Fragen gesammelt. Großflächenplakate, Anzeigen und Kinospots fordern die Öffentlichkeit dazu auf, sich am Fragen zu beteiligen. Die zweite Phase ist für das Frühjahr 2003 vorgesehen. Dann werden einige der bis dahin gesammelten Fragen wiederum auf Plakaten, Anzeigen und in Kino-Spots verbreitet. Außerdem sollen sie unter anderem dem Deutschen Bundestag übergeben werden.
Wer möchte, dass seine Frage eine der 1000 Fragen wird, die im kommenden Jahr übergeben werden, kann sie unter www.1000fragen.de einfach eintippen. Außerdem werden unter dieser Adresse
- Informationen zu den Plakat- und Anzeigenmotiven sowie ein Lexikon und eine Reihe von Dossiers angeboten, die die Hintergründe der aktuellen Diskussionen skizzieren.
- Zur Ethik-Debatte finden sich Statements von Wissenschaftlern, Juristen, Theologen, Medizinern, Politikern, Künstlern und Prominenten.
- Das Spiel "Kleine Debatte", bei dem der Besucher in die Rolle des Talkshow-Moderators schlüpfen kann, persifliert unterhaltsam
den Austausch unverbindlicher Antworten. Die Gäste - ein Priester, ein Politiker, eine Vertreterin der Wirtschaft, ein Philosoph, eine Wissenschaftlerin und eine "Nachbarin" - haben auf alle Fragen passende Antworten parat...
Nicht nur im Internet
Der Prozess des Fragen-Sammelns soll sich nicht auf das Internet beschränken. Auch in größerem Kreis können Fragen entwickelt werden. Wer vor Ort eine Aktion, eine Veranstaltung, ein eigenes Fragen-Projekt initiieren möchte, kann mit der Unterstützung der Aktion Mensch rechnen. Sie stellt Materialien wie Broschüren, Plakate, Postkarten, Buttons zur Verfügung.
Bestellmöglichkeiten für die Aktionspakete finden sich ebenfalls im Internet. Für Landes- und Bundesorganisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe besteht darüber hinaus die Möglichkeit einer finanziellen Förderung aus dem neuen Aufklärungsförderprogramm der Aktion Mensch.
Für weitere Informationen und Rückfragen wenden Sie sich bitte an Aktion Mensch, Pressestelle, Heike Zirden, Tel.: 0228 / 2092-262 oder
Christian Mierse, Tel: - 293 E-Mail: heike.zirden@aktion-mensch.de oder christian.mierse@aktion-mensch.de
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