WIR SIND GESELLSCHAFTER
Die Aktion Mensch startet das größte Partizipationsprojekt ihrer Geschichte
Berlin (ots)
"In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?" - mit dieser Frage eröffnet die Aktion Mensch heute in Berlin das größte Aufklärungsprojekt ihrer Geschichte. Mit einer Medienkampagne, die am kommenden Montag bundesweit anläuft, wird die Bevölkerung aufgefordert, sich als "aktive Gesellschafter" zu begreifen und in die Diskussionen um die Zukunft der Gesellschaft einzuschalten. "Wir wollen die Frage nach der Zukunft unseres Gemeinwesens aus der Reformrhetorik von Talkshows und Expertenrunden zurück in die Mitte der Gesellschaft tragen," erklärt Heike Zirden, die Sprecherin der Aktion Mensch und Projektleiterin, bei einer Pressekonferenz in Berlin. Hierzu biete das Gesellschafter-Projekt neben einer Diskussionsplattform im Internet auch zahlreiche Möglichkeiten der Mitgestaltung an.
"Nicht die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben müssen oder sollen, ist für die Zukunft des Zusammenlebens in einer Demokratie entscheidend, sondern die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen", begründet ZDF-Intendant Markus Schächter, der zugleich Vorstandsvorsitzender der Aktion Mensch ist, das neue Projekt. Dieser "kleine Schwenk in der Perspektive" lasse die Probleme und Herausforderungen zwar nicht verschwinden, mache sie aber gestaltbar. Die grundlegende, aber offene Frage "In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?" eröffne Freiräume für neue Blickwinkel und Konzepte, auch in aktuellen politischen und ethischen Diskussionen. Zugleich werde mit der Frage aber auch ein Maßstab formuliert, an dem sich politische Konzepte messen lassen müssten.
"Die soziale Grundhaltung vieler Menschen in Deutschland ist das wichtigste Kapital bei der Weiterentwicklung der Gesellschaft," betont Jürgen Gohde, stellvertretender Vorsitzender der Aktion Mensch und Präsident des Diakonischen Werkes der EKD, und verweist auf die Beteiligung aller Wohlfahrtsverbände an dem neuen Projekt. Es sei notwendig, diese Grundhaltung, die in den vergangenen 50 Jahren zu einem wichtigen Bestandteil des gesellschaftlichen Selbstverständnisses geworden sei, zu bestärken und zu bestätigen. "Im Gesellschafter-Projekt formiert und artikuliert sich ein wichtiges Segment der so genannten Bürger- und Zivilgesellschaft", so Gohde. Diese sei nicht nur daran interessiert mitzureden, sondern auch zu handeln. Deswegen werde die Aktion Mensch im Rahmen der "Gesellschafter"-Initiative zugleich ein neues Förderprogramm starten.
Unter der Überschrift "Projekte für mehr Gerechtigkeit" werden ab Mai Initiativen, in denen sich Freiwillige und Ehrenamtliche engagieren, mit bis zu 4000 Euro gefördert. Das Gesamtvolumen des Förderprogramms beträgt im Jahr 2006 zehn Millionen Euro. Darüber hinaus werden auf der Projekt-Website diegesellschafter.de Adressen von Freiwilligenagenturen und -zentren und weiteren Projekten und Einrichtungen vermittelt, bei denen jeder engagierte Bürger willkommen ist.
Der Bundesgeschäftsführer der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung, Dr. Bernhard Conrads, zugleich Mitglied im Vorstand der Aktion Mensch, betont, dass die Verbände der Behindertenhilfe und -selbsthilfe das neue Projekt der Aktion Mensch ausdrücklich begrüßen. "Denn die einseitige Perspektive, die in der fortschreitenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche unserer Gesellschaft zum Ausdruck kommt, ist in den Organisationen der Behindertenhilfe schon lange ein Thema." Deswegen suche das Projekt auch den Dialog mit der Wirtschaft. Bündnispartner suche man auch in der Bevölkerung: "Welche Werte sollen in Zukunft gelten? Nur die ökonomischen? Hast du was, dann bist du was? Oder welche anderen Werte verbinden uns?"
Von anderen Reforminitiativen und Kampagnen hebt sich das Gesellschafter-Projekt vor allem durch seinen konsequent partizipatorischen Charakter, seine Dialogorientierung und durch konkrete Möglichkeiten zum persönlichen Engagement ab. "Außerdem", so Dieter Gutschick, der Geschäftsführer der Aktion Mensch, sei das Projekt mit einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren nachhaltig angelegt.
"Für das Gelingen des Gesellschafter-Projektes sind Vernetzung und Kooperation von entscheidender Bedeutung", erklärt die Leiterin des Projektes, Heike Zirden. Deswegen kooperiere die Aktion Mensch nicht nur mit den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege und zahlreichen Eltern-, Sozial-, Behinderten- und Selbsthilfeorganisationen, sondern auch mit NGOs aus Bereichen wie Umwelt, Entwicklungspolitik oder Menschenrechten. Auch kulturellen Organisationen und Institutionen stehe das Projekt offen. Außerdem entstehe ein Wirtschafts- und Wissenschaftsbeirat, der das Projekt beraten werde.
Zahlreiche Prominente unterstützen den Start des Gesellschafter-Projektes mit einer Antwort auf die Frage, in was für einer Gesellschaft sie selbst leben wollen:
Marietta Slomka, Moderatorin des ZDF-heute-Journal, träumt von einer Gesellschaft, "die überhaupt Lust auf Gesellschaft hat. Wo Menschen leben, die gesellig sind, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld umeinander kümmern und sich freiwillig engagieren, ohne dass es dafür Geld, Orden oder einen Karriereschub gibt." Dietrich Grönemeyer, Professor und Arzt an der Universität Witten-Herdecke, erklärt: "Wenn wir über Bildung, Kultur oder Medizin sprechen, geht es nur um Geld, das nicht verfügbar ist, und nicht um Menschen. Es bedrückt mich, dass wir nicht mit Inbrunst, Leidenschaft und Solidarität das Tagtägliche gestalten." Und Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT, betont: "Ich möchte in einer demokratisch verfassten Gesellschaft leben, in der der Einzelne Verantwortung für sich selbst übernimmt und für die anderen. (...) Meine Vision von unserer Gesellschaft ist, dass wir immer wieder die Kraft finden, uns zu verändern und anzupassen an neue wirtschaftliche und politische Herausforderungen, ohne dass wir unsere wichtigsten Prinzipien und Werte aufgeben."
Die Website http://diegesellschafter.de ist ab sofort freigeschaltet.
Pressekontakt:
Heike Zirden, Bereichsleiterin Presse-, Öffentlichkeitsarbeit und
Aufklärung
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