Lausitzer Rundschau: Die Folgen der Wahlen in Kenia Ein Vorbild strauchelt
Cottbus (ots)
Kenia, das war bis vor wenigen Tagen der Musterschüler Schwarzafrikas in Sachen Demokratie. Das gute Image des ostafrikanischen Landes war dabei allerdings auch immer Teil der erfolgreichen Vermarktungsstrategie der Tourismusindustrie. Jenseits der Traumstrände und Safari-Hotels war das Land aber seit seiner Unabhängigkeit von ethnischen Spannungen und politischer Unsicherheit bestimmt. Deswegen ist es so verwunderlich nicht, wenn diese nach den jüngsten Präsidentschaftswahlen zu Chaos und Gewalt führten. Die Bilder aus Kenia taugen aber andererseits nicht als Bestätigung der weit verbreiteten Vorurteile über den Kontinent. Sie zeigen vielmehr ein Land, das in einem mühsamen, traurigerweise auch blutigen Prozess einen Weg zur wirklichen Demokratie erst noch finden muss. Faire Wahlen haben seine Bewohner in den bald fünfzig Jahren seit der Unabhängigkeit nur selten erlebt. Und so schwer auch die Vorwürfe wiegen, der derzeitige Präsident Mwai Kibaki habe die Wahlen nur durch Manipulationen gewonnen, so wenig taugen sie als Nachweis für das Scheitern der Bemühungen um eine wirkliche Volksherrschaft. Die jüngsten Nachrichten aus Nairobi lassen hoffen, dass die Gewalt nicht das letzte Wort hat in der Auseinandersetzung um die politische Zukunft des Landes. Und dies ist tatsächlich für den ganzen Kontinent von herausragender Bedeutung. Kenia hat sich in den vergangenen Jahren mit bemerkenswerter Begeisterung in das Abenteuer einer freien, offenen Gesellschaft gestürzt. Es hat halbwegs funktionierende Institutionen, ein zumeist erträgliches Rechtssystem, eine für afrikanische Verhältnisse geradezu sensationell kritische Presse. Dass über siebzig Prozent der Berechtigten zur Wahl gingen, sagt einiges aus über die Erwartungen der Menschen. Die waren und sind erkennbar auf einen politischen Kurswechsel gerichtet. Der aber gefährdet die bisherige Machtverteilung unter den Völkern des Landes. Was das Land jetzt vor allem braucht, ist jede nur denkbare Hilfe bei der Suche nach Kompromissen. Und darauf hat es nach den Jahrzehnten der Fremdbestimmung auch jedes Recht. Kenia strauchelt - aber sich angewidert abzuwenden, wäre eine große Dummheit.
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