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Lausitzer Rundschau: zur Debatte um die Rolle der Ost-CDU
Genug Aufregung

Cottbus (ots)

Die Sache ganz einfach "tiefer hängen", sagt
Joachim Gauck, der frühere Hüter der Stasi-Akten zur Diskussion um 
die Rolle der Ost-CDU in Zeiten der DDR. Recht hat er, wenn diese 
Aufforderung allen gilt - denen, die jetzt allzu schnell anklägerisch
über Politiker wie den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw 
Tillich herfallen, aber auch jenen, die umgekehrt den Eindruck 
erwecken wollen, als sei die frühere Mitgliedschaft in der weitgehend
von der SED kontrollierten Blockpartei CDU eine Heldentat gewesen. 
Und erst recht gilt das natürlich für Gregor Gysi, der tatsächlich 
bei anderen Klärungsbedarf entdeckt. Da wäre seine Partei ja nur noch
mit sich selbst beschäftigt, wenn sie in Ost wie in West die eigenen 
Sünden der Vergangenheit unter die Lupe nehmen würde. Es gab für die 
Mitgliedschaft bei der Ost-CDU die unterschiedlichsten Gründe. 
Manchmal waren sie ehrenhaft, manchmal aber auch vom blanken 
Opportunismus geprägt. Wer wirklich etwas Wichtiges zu bestimmen 
haben wollte in der DDR, der war jedenfalls in keiner dieser 
Blockparteien. Damit reduziert sich auch die Verantwortung der 
Funktionäre dieser bedeutungslosen Alibiveranstaltungen auf den ganz 
persönlichen Charakter.
Was deswegen viel wichtiger ist, als die Untersuchung des 
fragwürdigen Verhaltens einiger Politiker, die heute in Amt und 
Würden sind, ist der klare Blick zurück. Insofern ist Stanislaw 
Tillich wesentlich stärker gefordert als bei der Aufklärung der 
letzten Details seiner Biografie. Er, wie so manch anderer, der in 
der DDR am Rande der Macht agierte, weiß aus eigenem Erleben genau, 
wie eng die Grenzen waren, innerhalb derer ein selbstbestimmtes Leben
möglich war. Dies ist gerade für einen Politiker im Osten 
Deutschlands nicht immer einfach und gewiss nicht populär. Aber sie 
ist in aller Offenheit und in allen Details Aufgabe von Männern wie 
Tillich. Denn wer, wenn nicht er, kann glaubwürdig begründen, warum 
das SED-System an seinen inneren Widersprüchen scheitern musste? 
Solche notwendige Zeugenschaft kann und muss man von einem früheren 
Funktionär einfordern. Leider aber droht auch diese Verpflichtung in 
der gegenwärtigen Aufregung unterzugehen.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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