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Lausitzer Rundschau: Streit um Bundeswehreinsatz bei Geiselbefreiung: Gefährlicher Wahlkampf

Cottbus (ots)

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) weiß
nur allzu genau, dass seine jüngste Forderung nach einer 
Grundgesetzänderung für Einsätze der Bundeswehr auch im Inneren keine
Chance auf Verwirklichung hat. Um die notwendigen 
verfassungsändernden Mehrheiten im Bundestag wie im Bundesrat zu 
erreichen, müssten Sozialdemokraten wie Liberale gleichermaßen ihre 
Wahlversprechen brechen. Das ist glücklicherweise angesichts der 
großen Vorbehalte in der Bevölkerung gegen die Entsendung von 
Soldaten in Krisengebiete nicht zu erwarten. Und SPD wie FDP weisen 
zu Recht darauf hin, dass es auch keiner neuen gesetzlichen Grundlage
für den effektiven Kampf gegen Terroristen oder Piraten bedarf. Der 
Bund und die Länder leisten sich aus gutem Grund dafür bestens 
ausgebildete Spezialeinheiten der Polizei. Wo deren 
Transportkapazitäten nicht ausreichen, kann heute schon Amtshilfe 
geleistet werden. Was den Einsatz der Soldaten im Inneren betrifft, 
so hat das Bundesverfassungsgericht bei der Abwehr terroristischer 
Angriffe so enge Grenzen gesetzt, dass ein streng an militärischen 
Maßstäben orientiertes Vorgehen auch durch Grundgesetzänderungen 
nicht vorstellbar ist. In einem von der derzeitigen Koalition 
verschämt zur Kenntnis genommenen Urteil hat es beispielsweise den 
Einsatz von Abfangjägern gegen entführte Zivilflugzeuge für 
unvereinbar mit der Menschenwürde erklärt.
Jung macht angesichts dieser vielfältigen Hürden, auf die seine 
Forderung stößt, Wahlkampf als angeblich starker Mann, der in 
Wirklichkeit nicht das erreichen kann, was er für wünschenswert hält.
Solch eine irreführende Kraftmeierei sollte ein Befehlshaber 
unterlassen, dessen Soldaten gerade in einem überaus komplizierten 
und gefährlichen Kampfeinsatz stehen. Der Bundesverteidigungsminister
setzt sich zunehmend dem Verdacht aus, dass bei ihm die Kluft 
zwischen dem tatsächlich Machbaren und unerreichbaren 
Wunschvorstellungen immer größer wird. Solch eine Kluft aber wird in 
Afghanistan zur tödlichen Falle. Dort kommt es vielmehr mehr denn je 
darauf an, sich an dem zu orientieren, was an Möglichkeiten derzeit 
zur Verfügung steht und darauf aufbauend Entscheidungen zu fällen.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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