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Lausitzer Rundschau: Brandenburg, Sachsen und die Bildung
Die Gunst der Stunde

Cottbus (ots)

Als die Kanzlerkandidaten im Vorfeld der
Bundestagswahl zum TV-Duell antraten, spielte ein Thema 
bemerkenswerterweise gar keine Rolle: die Bildung. Das mag weniger an
Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier gelegen haben, als am wenig
überzeugenden Moderatorenquartett. Schade war es allemal, Fragen 
hätte es genug gegeben. Wie es denn etwa sein kann, dass unter den 
Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und 
Entwicklung (OECD) nur Türken, Slowaken, Spanier und Iren im 
Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt weniger für die Bildung ausgeben 
als die Deutschen. Warum Jahre nach dem Pisa-Schock noch immer die 
soziale Herkunft hierzulande so stark über den Bildungserfolg 
entscheidet wie in keinem anderen Industriestaat. Oder wieso in der 
Bundesrepublik gerade mal 37Prozent eine Jahrgangs ein 
Studium aufnehmen, während es im OECD-Mittel rund 55Prozent 
sind - und die deutsche Wirtschaft händeringend nach immer besser 
qualifizierten Arbeitskräften sucht.
Schnell wäre man dann zur Diskussion um die Studiengebühren gekommen 
- ein besonderer Beleg dafür, wie ideologiebehaftet die 
Bildungskontroverse in Deutschland mitunter geführt wird. 
Mittlerweile ist durch Studien und das Leben belegt: Das 
Bezahlstudium schreckt potenzielle Studenten ab - und wirkt damit 
gesamtgesellschaftlich kontraproduktiv, weil so mit Blick auf die 
kurzfristigen Kosten eines kostenfreien Erststudiums dessen 
langfristiger Nutzen verhindert wird: Hochschulabsolventen verdienen 
in der Regel überdurchschnittlich, zahlen mehr Steuern und nehmen die
Sozialkassen weniger stark in Anspruch. Das nutzt auch der 
Volkswirtschaft.
Österreich hat deshalb vergangenes Jahr die Studiengebühren 
abgeschafft - und kann sich seitdem vor Studierwilligen aus dem 
benachbarten Gebührenland Bayern kaum retten. Aber auch im deutschen 
Bildungsföderalismus werden Länder wie Sachsen und Brandenburg mit 
steigenden Studierendenzahlen für ihre Politik der Gebührenfreiheit 
belohnt. Längst hat man hier die Chance erkannt, auf diese Weise 
junge Leute mit Potenzial in sonst eher von Abwanderung geplagte 
Regionen zu holen. Nicht von ungefähr locken Hochschulstandorte - 
auch in der Lausitz - Studenten mit einem Begrüßungsgeld, anstatt sie
mit Eintrittsgeldern abzuwehren. Es liegt nun an den neuen 
Landesregierungen in Dresden und Potsdam, ihre Länder in der 
kommenden Legislatur weiter zu Bildungsstandorten mit bundesweiter 
Anziehungskraft auszubauen - und auch die notwendigen Mittel 
bereitzustellen. Manchmal bieten sich Chancen ganz unverhofft. Aber 
es braucht immer Entschlossenheit, die Gunst der Stunde zu nutzen.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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