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Lausitzer Rundschau: Ministerin will zwei Jahre bezahlte Familien-Pflegezeit

Cottbus (ots)

Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, in
die Zukunft. Viele Familienangehörige müssten, würde der Vorschlag 
von Familienministerin Kristina Schröder Gesetz, möglicherweise nicht
entscheiden, die pflegebedürftige Mutter, den Vater oder ein krankes 
Kind in einem Heim betreuen zu lassen.
Sicher, in den unterschiedlichen Pflegeeinrichtungen und 
Seniorenheimen wird zumeist gut und aufopferungsvoll gearbeitet. Aber
den meisten pflegebedürftigen Menschen wäre es lieber, wenn sie zu 
Hause sein könnten. Das aber lässt sich mit dem Alltag vieler 
Familien zunehmend schwerer vereinbaren. Die Frage lautet irgendwann:
Pflege oder Job, der immer mehr Mobilität und Arbeitszeitflexibilität
verlangt. Und da nur ein Verdiener selten für das Auskommen einer 
Familie mit Kindern sorgen kann, muss oft eine schmerzliche 
Entscheidung getroffen werden. Kristina Schröder nimmt sich ernsthaft
der schwierigen Vereinbarkeit von Pflege und Beruf der Betreuenden 
an. Dafür gebührt der Ministerin, der mancher wegen ihrer Jugend 
Unerfahrenheit attestiert, Anerkennung. Sie hat ein heißes Eisen 
angepackt, das in Deutschland bislang noch zu sehr vernachlässigt 
wird.
Dabei ist allgemein bekannt, dass wir in einer alternden Gesellschaft
leben. 2,2 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, in
zehn Jahren könnten es schon drei Millionen sein. Es muss also etwas 
passieren, um nicht von der demografischen Entwicklung überrollt zu 
werden. Eine zweijährige gesetzlich garantierte Familien-Pflegezeit 
mit 50-Prozent-Job und 75 Prozent des Gehaltes, wie sie Schröder 
will, wäre gegenüber der geltenden halbjährigen unentgeltlichen 
Pflegezeit ein Fortschritt - auch wenn die Gehalts-Differenz später 
abgearbeitet werden müsste. Noch besser wäre es allerdings, wenn 
geprüft würde, wie das geltende Pflegezeitgesetz weiterentwickelt 
werden kann, etwa durch eine ähnliche finanzielle Lösung wie bei der 
Elternzeit, was auch die Leistungen der Pflegenden besser anerkennen 
würde.
Denn - so sinnvoll Schröder Modell beim ersten Lesen anmutet - es 
wirft es doch noch eine Menge Fragen auf, denkt man an die praktische
Umsetzung. Was, wenn Arbeitnehmer in zwei Jahren mehrmals den Job 
wechseln müssen, wenn sie arbeitslos werden, wenn sie ihrem 
Arbeitgeber kündigen? Ob die Ministerin dafür praktikable Lösungen 
findet? Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt lehnte die Initiative 
gestern auch gleich kategorisch wegen des bestehenden "Kostenrisikos"
ab. Dabei denken einige Firmen angesichts der demografischen 
Entwicklung bereits um, weil sie ihre qualifizierten Mitarbeiter 
nicht an die Konkurrenz verlieren wollen. Elternzeiten können da ohne
jede Angst, den Job danach zu verlieren, genommen werden. Das sollte 
in Zukunft auch bei Aus-Zeiten zur Pflege Angehöriger machbar sein.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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