Lausitzer Rundschau: Kein Beschneidungstourismus Zu den Alleingängen einzelner Bundesländer
Cottbus (ots)
Berlins Justizsenator Thomas Heilmann wollte gewiss den Muslimen und den Juden eine schnelle pragmatische Lösung schenken, als er das Beschneidungsproblem vorläufig regelte. Unter strengen Voraussetzungen bleibt der Eingriff in der Hauptstadt der Strafverfolgung entzogen. Doch hat der CDU-Politiker den sehr emotionalen Konflikt damit nicht lösen können. Die Muslime sind zwar etwas erleichtert, aber die Juden, für die die Beschneidung zum Kern ihrer Religion gehört, wollen und brauchen aus ihrem Verständnis heraus eine andere Art von Rechtssicherheit, nämlich die ausdrückliche Erlaubnis dieses Ritus. Sie lehnen Heilmanns Bedingungen ab, nennen sie in der Wirkung sogar antisemitisch. Das ist heillos überzogen, wie manche andere Äußerung in der Debatte. Aber inzwischen hat sich ein bunter Strauß unterschiedlicher Rechtsanwendungen in den Bundesländern entwickelt, denen nur gemeinsam ist, dass die Staatsanwaltschaften überall gebeten wurden, Beschneidungen vorläufig nicht zu verfolgen. Mal reicht eine mündliche Einwilligung der Eltern, mal ist eine schriftliche nötig. Mal muss ein Arzt den Eingriff vornehmen, mal wird nur medizinische Sorgfalt verlangt. So wird es nicht gehen. Es nutzt niemandem, wenn die Gläubigen in einen Beschneidungstourismus zwischen Hamburg, Berlin oder Stuttgart gezwungen werden. Bundes-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat wegen des Berliner Vorpreschens am Donnerstag noch einmal die Zuständigkeit des Bundes bekundet. Sie hatte eine gesetzliche Regelung bereits zuvor für den Herbst angekündigt. Der hat meteorologisch begonnen. Leutheusser-Schnarrenberger sollte angesichts der Hitze der Debatte und der Verunsicherung aller Beteiligten nicht unbedingt bis zum Spätherbst warten, ehe ihr Entwurf kommt.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Original content of: Lausitzer Rundschau, transmitted by news aktuell