Lausitzer Rundschau: Die Stunde der Unwahrhaftigen Der Bundestag und die Griechenland-Krise
Cottbus (ots)
Dürften die Deutschen direkt entscheiden, Griechenland wäre verloren. Kein Cent für Athener Schlendrian, das will die Mehrheit im Lande. Das Prinzip der repräsentativen Demokratie hat dafür gesorgt, dass der Populismus in dieser Frage nicht unmittelbar durchschlagen konnte. Dass die Vernunft regiert. Zum Glück. Die Griechenland-Rettung ist damit jedoch ein besonders eklatantes Beispiel für die Kluft zwischen politischer Elite und Bevölkerung. Brisant ist, dass die Bundestagsparteien sie nicht zu schließen versuchen, sondern weiter vergrößern. Sie sprechen wie das Volk und handeln als Elite. Nicht alle in gleichem Maße, aber alle. Am Freitag wird der Bundestag wieder eine solche Stunde der Unwahrhaftigkeit erleben. Auch die Linken mit ihrem strikten Nein sind da keine Ausnahme. Denn sie wollen nicht etwa kein Geld für Griechenland geben, sie wollen im Gegenteil mehr Geld bereitstellen, sie wollen den direkten Finanztransfer. Ihre Wähler haben sie dafür nicht gefragt. Die SPD, auch die Grünen, vertreten den Standpunkt, dass nur ein Schuldenerlass Griechenland die entscheidende Luft verschaffen wird. Aber laut sagen mag vor allem die SPD das nicht. Ihr ganzes Trachten ist es, der Kanzlerin diese unangenehme Position anzuheften. Die Forderung lautet nicht: Wir wollen einen Schuldenschnitt. Die Forderung lautet: Angela Merkel muss endlich zugeben, dass der Schuldenschnitt kommen wird. Weil die Kanzlerin aber ausweicht, bleibt der Opposition nur das Klagen über mangelnde Information und fehlende Beratungszeit. Am Ende aber werden Sozialdemokraten wie Grüne der Griechenland-Rettung zustimmen. Und hoffen, dass irgendwie ihre Zickereien im Gedächtnis der skeptischen Wähler bleiben. Und die Regierung? Sie ist das krasseste Beispiel der Unwahrhaftigkeit. Sie weiß, dass es nicht bei Bürgschaften bleibt, sondern eine Umschuldung der öffentlichen Schulden kommt. Finanzminister Wolfgang Schäuble sagt das inzwischen sogar relativ offen. Aber die Regierung sorgt mit aller Macht dafür, dass das erst 2016 deutlich werden wird, frühestens 2014. In jedem Fall nach der Wahl. Sie setzt damit voll auf jene Masse, die aus der Politik nur die großen Schlagzeilen wahrnimmt. Das ist das kalte Kalkül. Mag sein, dass dieses Taktieren und Finassieren kurzfristig aufgeht. Auf Dauer braucht Demokratie aber nicht nur trickreiche, sondern auch aufrechte Demokraten. Solche, die den Mut haben, dem Volk die Wahrheit zu sagen und dafür zu kämpfen.
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