Lausitzer Rundschau: Merkels Zaudern Mehr Rechte für gleichgeschlechtliche Partnerschaften
Cottbus (ots)
Einmal mehr hat Karlsruhe die Rechte von Schwulen und Lesben gestärkt - und der Union eine schallende Ohrfeige verpasst. Die Gesellschaft ist eben bunter, als es die Gesellschaftspolitik der C-Parteien erahnen lässt. Ihre Protagonisten hätten es wissen können. Denn ganz gleich, ob sich die vorangegangenen höchstrichterlichen Urteile ums Adoptionsrecht drehten, um Grunderwerbsteuer oder Hinterbliebenenversorgung - die Begründung war im Kern stets gleich: Der besondere Schutz der Ehe im deutschen Grundgesetz darf kein Freibrief für eine Schlechterstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften sein. Dazu fehle es an "hinreichend gewichtigen Gründen", wie es hinreichend trocken im aktuellen Urteil heißt. Zweifellos gefällt das nicht jedem. Schon gar nicht in der Union. Doch wenn Familie dort sein soll, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, dann muss auch die Geschlechterfrage eher zweitrangig sein. Und dann wäre dieses Weltbild von den christlichen Werten auch gar nicht so weit entfernt, wie es konservative Kräfte in der CDU glauben machen wollen. An der Bundesregierung liegt es nun, das Urteil möglichst zügig in ein Gesetz zu gießen. Und anders als bei anderen Themen könnte sich die FDP dabei durchaus als treibender Faktor erweisen. Eine bloße Übertragung der neuen Rechte von Homosexuellen ins Ehegattensplitting wäre allerdings zu kurz gesprungen. Das gesamte System muss hinterfragt werden. Nicht nur Steuerexperten wissen, dass das Splitting die Einverdiener-Ehe besonders begünstigt, anstatt Eltern mit Kindern. In einem Land, das rasant altert und politisch fast verzweifelt alles Mögliche ausprobiert, um den individuellen Wunsch für Nachwuchs zu beflügeln, ist das geradezu fahrlässig. Der Nachbar Frankreich macht es vor: Nicht zuletzt durch ein Familiensplitting sind die Geburtenraten dort deutlich höher als bei uns. Auch in der Union wird über ein solches Modell schon länger gestritten. Dass die Diskussion bislang fruchtlos bleibt, liegt vornehmlich am Zaudern der Kanzlerin: nur nicht festlegen - auch deshalb mischt Karlsruhe immer stärker in der Politik mit. Die richterlich erzwungene Gleichstellung von Homo-Paaren bei der Einkommensteuer sollte auch Anlass sein, weitere Lebensbereiche daraufhin unter die Lupe zu nehmen. Beim Adoptionsrecht zum Beispiel gibt es noch gewichtige Unterschiede. Ehepartner können gemeinschaftlich Kinder adoptieren. Lebenspartnerschaften ist das verwehrt. Womöglich wird auch das eines Tages von Karlsruhe kassiert, wenn es die politischen Volksvertreter nicht selber tun. Mag sein, dass die Union dadurch auch Wähler verliert. Aber sie könnte auch neue Anhänger gewinnen, wenn sie den gesellschaftlichen Realitäten Rechnung trägt.
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