Lausitzer Rundschau: Lauschern auf die Finger Zur geplanten Reform des Bundesnachrichtendienstes
Cottbus (ots)
Helmut Kohl hat sich nach dem Zusammenbruch der DDR gewundert, wie wenig die Geheimdienste davon vorhergesagt hatten. "Die wussten überhaupt nichts." Der Bundesnachrichtendienst bemüht sich seitdem redlich, diesen schlechten Ruf wieder loszuwerden. Er ist tatsächlich kompetenter und gleichzeitig transparenter geworden. Und trotzdem kommt er aus den Negativschlagzeilen nicht heraus. Trotzdem verbindet sich das Wort BND seit Jahrzehnten regelmäßig mit dem Wort Affäre. Zuletzt, weil der deutsche Dienst der amerikanischen NSA Millionen von Nummern und Daten für deren Ausspähaktionen gegeben hatte, darunter auch europäische. Und dann, weil er sogar selbst den französischen Außenminister und einen deutschen Botschafter ins Visier genommen hatte. Spionage unter Freunden, geht das doch? Freilich, man muss sich schon entscheiden, was man will: Einen Geheimdienst, der nichts weiß? Ihn ganz abschaffen? Oder einen, der Augen und Ohren offen hält und die Politik beraten kann? Dass ein großes, weltweit agierendes und vom internationalen Terrorismus bedrohtes Land wie Deutschland nicht mehr aus eigenen Quellen wissen soll, was um es herum geschieht, ist nicht einzusehen. Es wäre falsch. Deshalb sollte man den BND bei der anstehenden Reform nicht über Gebühr einengen, auch dann nicht, wenn er im Einzelfall fragwürdig gehandelt hat. So absurd Lauschangriffe gegen französische Stellen im Übrigen auch klingen mögen, immerhin gab es hier seitens der NSA wie des BND ein Motiv: die Nichtverbreitung von Atomwaffen und die Einhaltung des Iran-Embargos. Es ist auch künftig legitim, erfahren zu wollen, wie sich Firmen und Einzelpersonen in solchen Fragen verhalten, auch im befreundeten Ausland. Dass ganze Regierungen von EU-Ländern oder EU-Institutionen als solche nicht ausgespäht werden, das sollte allerdings eine Selbstverständlichkeit sein. Die kann man alle auch direkt fragen. Das eigentliche Thema ist ohnehin die Kontrolle. Ein Geheimdienst darf sich nicht verselbständigen, es muss immer eine Überwachung geben. Das ist der zentrale Punkt. Mit der Schaffung der Position eines unabhängigen Geheimdienstbeauftragten des Bundestages geht die Große Koalition hier nun einen längst überfälligen Schritt. Er kann die bestehenden Kontrollgremien des Parlaments verstärken - jedenfalls wenn er nicht an ihrer Stelle oder gegen sie eingesetzt wird, sondern sie ergänzt. So viel Vertrauen wie nötig, so viel Kontrolle wie möglich, muss im Umgang mit den Geheimdiensten eines demokratischen Staates die Devise sein. Ganz ohne Affären wird es der Natur der Sache nach trotzdem nie gehen.
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