Lausitzer Rundschau: Struck hält Berufsarmee 2010 für möglich
Cottbus (ots)
Wozu ein Reformbeginn doch so alles gut ist: Jetzt hat sich Verteidigungsminister Peter Struck auf Überlegungen eingelassen, die Bundeswehr in eine Freiwilligen-Armee umzuwandeln. Eine Überlegung, die militär- und gesellschaftspolitisch längst überfällig ist und am Ende zu einer deutschen Berufsarmee führen wird. Zwar sieht Struck dies erst im Jahr 2010, doch schon dies ist ein Bruch mit allen bisherigen SPD-Positionen, galt die Beibehaltung der Wehrpflicht bislang als oberstes sozialdemokratisches Wehrprinzip. Begründet wurde die Wehrpflicht von den preußischen Heeresreformer um Gneisenau, Scharnhorst und Boyen während der Befreiungskriege gegen Napoleon, die die Verteidigung des Vaterlands zur sittlichen Pflicht jeden Bürgers erhoben und damit zugleich den Soldatenberuf zu einem für ehrbare Bürger angemessenen Stand erklärten. Doch das sozialdemokratische Verständnis von Wehrpflicht und Wehrgerechtigkeit ist längst überaltert. Leisteten 1990 noch 211 483 Deutsche ihre Wehrpflicht, waren es 2002 gerade mal noch 114 226. Hinzu kommt, dass die kurze Grundwehrdienstzeit keinerlei Ausbildung für heute anstehende Aufgaben der Bundeswehr zulässt. Einsätze wie zurzeit in Afghanistan sind nur mit Militärspezialisten durchzuführen, erfordern jahrelanges Training. Führende europäische Nato-Länder wie Frankreich, England oder Spanien haben deshalb längst den Übergang zur Freiwilligen- bzw. Berufsarmee vollzogen. Nachwuchssorgen haben die Militärs in diesen Ländern nicht. Und auch die Bundeswehr gilt gerade in der Lausitz für viele Jugendliche als attraktiver Arbeitgeber, nicht zuletzt wegen der neuen Aufgaben bei der Bewältigung von internationalen Krisen. Bleibt zu vermuten, dass die wahren Gründe für die Ablehnung einer Berufsarmee ganz anderer Natur sind: Mit dem Wegfall der Wehrpflicht würde natürlich auch der Zivildienst wegfallen - für viele soziale Projekte in Deutschland schlichtweg eine Katastrophe. Doch auch dafür gäbe es mutige Reformideen, die auch den Aspekt der Gerechtigkeit berücksichtigen. Zum Beispiel die Pflicht zu einem sozialen Jahr für alle. Diese könnte sowohl bei sozialen Trägern aber auch beim THW, dem DRK oder den Feuerwehren abgeleistet werden. An Aufgaben mangelt es gewiss nicht, wohl aber (noch) an politischer Flexibilität.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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