Lausitzer Rundschau: Zu Bundesregierung/Sparpaket: Deutschland spart
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Bundesregierung/Sparpaket:
In Deutschland regiert der Rotstift. Politiker, Unternehmer und Privatleute erhoffen sich durch seinen Gebrauch eine Linderung der drückenden Finanzprobleme. Auch Bundesfinanzminister Hans Eichel hat den Stift mal wieder zücken müssen, nachdem die Steuerschätzung das Haushaltsloch noch zu vergrößern droht. Und da jede Streichaktion immer auch Kritik nach sich zieht, debattiert die Nation nun über Sinn oder Unsinn der geplanten Maßnahmen. Abermals hat Eichel seine Phantasie unter Beweis gestellt. Seine kreative Buchführung kann allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass er die sich verdichtenden Probleme zunehmend mit fragwürdigen Buchungstricks lösen will. Angesichts seiner großen Not könnte man dafür ja noch ein gewisses Verständnis entwickeln wenn er die Lasten nicht in die Zukunft verschieben würde. Genau das versucht er mit dem Verkauf von Pensionslasten aus alten Postzeiten. Da ist es nur ein kleiner Trost, dass dieser Deal dabei hilft, den europäischen Stabilitätspakt wenigstens ab 2005 einzuhalten. Eines sollten wir aber nicht vergessen: Eichels Dauerproblem ist unser aller Problem. Es verdeutlicht sich am Scheren-Prinzip: Einnahmen und Ausgaben klaffen immer weiter auseinander. Wer diese fatale Entwicklung umkehren will, was des Ministers vornehmste Pflicht ist, muss also die Einnahmen steigern und die Ausgaben drosseln. Wir schwer diese Operation ist, belegen zahlreiche Beispiele in Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur: Ob Bund, Länder oder Gemeinden, ob Opel, VW oder Karstadt, ob Borussia Dortmund oder die Berliner Opernhäuser schier überall ist die finanzielle Balance nachhaltig gestört. Also muss der Rotstift her. Wer die Erkenntnis teilt, dass der deutsche Staat seit geraumer Zeit über seine Verhältnisse lebt, muss diese Entscheidung auch akzeptieren. Natürlich haben viele Menschen wenig Verständnis dafür, dass permanent Leistungen gestrichen und gekürzt werden, zumal wenn sie selbst betroffen sind. Das entbindet die Verantwortlichen in Ministerien, Parlamenten und Chefetagen aber nicht von der Verpflichtung, die notwendigen Abspeck-Prozesse einzuleiten. Sicherlich darf man die Nullrunde für den öffentlichen Dienst als problematisch bezeichnen. Beamte und Angestellte sollen auf einen Zuwachs verzichten, was nicht unbedingt deren Konsumfreude steigern wird. Aber im Gegensatz zu Millionen Beschäftigten in der Privatwirtschaft sind die Staatsbediensteten relativ gut abgesichert, was in Zeiten der Not ein Wert an sich ist. Anders verhält es sich mit der angeblichen Abschaffung des Nationalfeiertags am 3. Oktober. Die Diskussion darüber ist erstaunlich. Definiert sich das Nationalbewusstsein der Deutschen tatsächlich über den Tag der deutschen Einheit? Sollte die Pflege der nationalen Idendität wirklich nur an einem arbeitsfreien Werktag gelingen können, nicht aber an einem Sonntag? Gewiss wäre weniger Urlaub vernünftiger, aber das ist Sache der Tarifpartner, nicht des Gesetzgebers. Fazit: Eichels Sparaktion solide zu nennen, wäre verwegen. Wer aber die Maßnahmen in Bauch und Bogen verdammt, ohne konkrete Alternativen zu nennen, macht es sich zu einfach.
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