Lausitzer Rundschau: Zu Nach-Wahlergebnis/Kanzlerpoker: Schröder gibt auf
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Nach-Wahlergebnis/Kanzlerpoker:
Eine der zehn goldenen Regeln beim Pokern besagt: Es ist wichtig zu wissen, wann Schluss ist. Ein guter Spieler weiß, wann er aufhören muss. An diesem Punkt scheint zumindest Bundeskanzler Gerhard Schröder im Koalitionspoker jetzt angekommen zu sein: Seine Äußerung, einer stabilen Regierung nicht mehr im Wege stehen zu wollen, ist mehr als ein Signal. Der Niedersachse ist dabei, die Tür zum Kanzleramt hinter sich zuzuschlagen. Und zwar feste. Beim ersten Hinsehen konnte man nach dem Dresdner Urnengang davon nicht zwangsläufig ausgehen. Denn die Wähler in der sächsischen Metropole haben ja nur das serviert, was den Parteien vom Rest der Republik schon am 18. September beschert worden ist: Ein Ergebnis, das Tür und Tor für hauseigene, parteipolitische Interpretationen öffnet. Gerhard Schröder hat die Wahl in Dresden für sich persönlich interpretiert: als Niederlage, als Fingerzeig an seine Person, der großen Koalition nicht mehr im Wege zu stehen. Er leitet jetzt also seinen geordneten Rückzug ein. Denn beim zweiten Blick auf den Urnengang zeigt sich tatsächlich, dass der Mandatsgewinn die Position der Union im Bundestag als stärkste Fraktion noch einmal klar gefestigt hat. Denn: Das innere Gefüge einer Koalition fußt nun mal am Ende auf der Zahl der Mandate der Koalitionspartner. Insofern hat die Union in Dresden weit mehr als nur einen psychologischen Vorteil errungen sie hat die SPD vollends auf den zweiten Platz im Parlament verwiesen. Das weiß auch Schröder, der nun den Weg freigeben will. In den letzten Tagen ist dem Niedersachsen überdies nicht verborgen geblieben, dass immer mehr Parteifreunde von ihm abgerückt sind, weil ihn sein verquerer Machtanspruch zur Belastung für die SPD hat werden lassen. Und Schröder hat gemerkt, wie unrealistisch eine Koalition unter seiner Führung geworden ist; wie stattdessen im Koalitionspoker immer mehr mit ihm gespielt wurde. Nun hat er sein Schicksal in die Hand von SPD-Chef Franz Müntefering gelegt. Der ist ohnehin längst der neue/alte starke Mann in diesem heiklen Pokerspiel. Schröder ist kein Pfund mehr für Franz Müntefering. Dem SPD-Chef bleibt daher in den Verhandlungen über eine große Koalition nur noch ein Trumpf: Angela Merkel. Sie will unbedingt Kanzlerin werden und sie hat nur diese eine Chance. Der Druck auf die CDU- Chefin ist jetzt deutlich größer geworden. Geht Schröder, werden viele Genossen fordern, dass auch sie gehen muss.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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