Lausitzer Rundschau: Zu Israel/Likud: Unglaubwürdig
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Israel/Likud:
Benjamin Bibi Netanjahu ist nur formell Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten Israels. Praktisch hat der Likud bestenfalls den künftigen Oppositionsführer erkoren. Denn die seit 1977 mit kürzeren Unterbrechungen regierende Partei ist weg vom Fenster. Wahrscheinlich für längere Zeit oder gar für immer. Gut so und gleich in mehrfacher Hinsicht. Korruption und Armut breiteten sich flächenbrandartig unter Likud-Regierungen aus. Der jüdische Staat stünde heute weltweit isoliert da, wären nicht Likud- Führer wie Menachem Begin und Ariel Scharon über ihre eigenen ideologischen Schatten gesprungen. Benjamin Netanjahu ist zwar zu ziemlich allem fähig, aber nicht dazu was er in seiner Amtszeit als mieser Regierungschef bewiesen hat. Natürlich wird er jetzt eine taktische Wende vollziehen und den in sozial-, sicherheits- und außenpolitischer Hinsicht gemäßigteren Wählern der Mitte den Hof machen. Doch der Lack ist ab. Er und damit der Likud stellen keine glaubwürdige Alternative dar. Weder zu Herrn Sicherheit Ariel Scharon und dessen neuer Vorwärts-Partei noch zu Herrn Sozialpolitik Amir Perez und der von ihm wiederbelebten Arbeitspartei. Die sture Erez-Israel-Ideologie des Likud, mit der sich Netanjahu zu profilieren versucht, verbunden mit dessen persönlichem Neoliberalismus, sind von Scharon als Hindernisse auf dem Weg zu einer Konfliktlösung erkannt worden. Scharons Loslösung vom Gazastreifen und als direkte Folge davon auch vom Likud sind konsequente Schritte eines im hohen Alter weiser gewordenen Pragmatikers. Noch geht Scharons Politik die Vision ab, die es braucht, um sich mittels weiterer mutiger Schritte dem Ziel einer Lösung des Konfliktes mit den Palästinensern anzunähern. Doch zumindest die Richtung, die er eingeschlagen hat, stimmt. Der Likud hat sich mit der Wahl Netanjahus als eine für vernünftige Regierungsarbeit unbrauchbare Partei disqualifiziert. Niemand kann von Scharon verlangen mit einem Netanjahu, der für den Plan des Rückzugs aus dem Gazastreifen stimmte und unmittelbar vor dessen Umsetzung angeblich aus Protest gegen diesen als Minister zurücktrat, an einem Kabinettstisch zu sitzen. Scharon bleiben nach seiner sicher scheinenden Wiederwahl nur die Arbeitspartei und andere, politisch gemäßigte Parteien als Koalitionspartner. Die künftige israelische Regierung, so hat es heute nach der Weichenstellung durch die in ihrer auseinander fallenden Partei verbliebenen Likudniks den Anschein, wird eine Politik der Vernunft ohne nationalistische und populistische Bremsklötze machen können. Wenn Scharon dies nur will. Und falls sich ihm nicht doch noch gesundheitliche Probleme oder mutige Staatsanwälte im Zusammenhang mit einem seiner vielen Korruptionsskandale in den Weg stellen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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