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Lausitzer Rundschau: Zu den Trippelschritten der großen Koalition: Der Zauber verfliegt

Cottbus (ots)

Es wird häufiger gelacht bei Pressekonferenzen der
Koalitionäre. Der Eindruck von Fröhlichkeit trügt jedoch. Die Zuhörer
lachen, weil die Verwirrung wächst. Denn bei all den inhaltlichen 
Einsichten, Kehrtwenden und Formelkompromissen haben die 
Spitzenkräfte von Union und SPD inzwischen ihre liebe Mühe, 
nachvollziehbar ihre Spurwechsel zu erläutern. Die Wortakrobatik 
erheitert. Und desillusioniert. Der Zauber der großen Koalition 
verfliegt langsam, aber sicher.
Der Koalitionsausschuss des Regierungsbündnisses ähnelt inzwischen 
dem Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Was in diese 
Instanz hineingeht, kommt verwässert wieder heraus.
Man kann es auch anders ausdrücken: Im Koalitionsausschuss wird wie 
auf dem Basar gefeilscht, wer auf welche Weise seine Wählerschaft 
bauchpinseln darf. Das ist das besondere Manko der großen Koalition: 
Nach fast einem halben Jahr ist deshalb die Hoffnung auf ebenso große
Würfe geschwunden. Die beiden Volksparteien machen stattdessen 
Politik in Trippelschritten, sie nehmen viele Rücksichten, weniger 
aufs Geld, als auf Befindlichkeiten.
Einige Ergebnisse von Montagabend sind dafür Zeugnis. Zwölf Monate 
plus zwei Vätermonate beim Elterngeld sind plötzlich also keine 
Bevormundung der Familien mehr; nun darf auch wieder mit der 
Gießkanne das Geld verteilt werden, obwohl das familienpolitisch 
unsinnig ist und obwohl ursprünglich diejenigen Nutznießer sein 
sollten, die gut verdienen und aus Angst vor dem Karriereknick auf 
Kinder verzichten. Auch wenn die Koalitionäre anderes behaupten, 
Finanzminister Peer Steinbrück ist bei diesem Kompromiss der große 
Verlierer. Nicht das erste Mal wird sein finanzpolitischer Kurs des 
Maßhaltens vom Tisch gefegt. Er muss jetzt aufpassen, dass der Hang 
der Koalitionäre zur Klientelbefriedigung ihn nicht zum Hans Eichel 
des schwarz-roten Bündnisses werden lässt. Der Glaube, durch mehr 
Umverteilung von Geld Finanzierungsprobleme lösen zu können, hat 
nämlich schon Steinbrücks Vorgänger Eichel den Ruf gekostet.
Schlichtweg atemberaubend ist die Vorgehensweise der großen Koalition
bei der Reichensteuer und der Pendlerpauschale. Insbesondere bei der 
Reichensteuer betreibt das Bündnis eine unverfrorene Politik des 
kalkulierten Verfassungsbruchs rein aus ideologischen Gründen. Mehr 
nicht. Denn dieses Instrument spült ja nicht die Kassen des 
Finanzministers voll. Sondern die verfassungswidrige Reichensteuer 
soll jene beruhigen, die ab 2007 besonders unter einer höheren 
Mehrwertsteuer leiden werden und wohl auch mehr Geld ins 
Gesundheitssystem pumpen müssen: die Otto-Normal-Bezahler des 
Staates. Das Manöver ist also durchsichtig, der Zweck heiligt schier 
die Mittel. Mit Gerechtigkeit hat das nur wenig zu tun.
Drei Jahre sind es noch bis zur nächsten Bundestagswahl. Der Wähler 
erwartet bis dahin Zukunftsentwürfe. Die gibt es aber nur, wenn sich 
die Koalition schleunigst besinnt; wenn sie sich endlich an mehr wagt
als an einfallslose Konsenspolitik und emotionale Kuschelangebote an 
die eigenen Reihen.

Rückfragen bitte an:

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