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Lausitzer Rundschau: zu: Neue Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland

Cottbus (ots)

Es ist keine Überraschung: Charlotte Knobloch
wurde gestern einstimmig zur neuen Präsidentin des Zentralrats der 
Juden gewählt. Erstmals führt somit eine Frau und wohl letztmals eine
Überlebende der Schoah den Zentralrat. Dieses Amt an der Spitze der 
Juden in Deutschland ist schwierig. Nach außen wie nach innen 
gleichermaßen. Ihm kommt wesentlich mehr Aufmerksamkeit zu, als es 
die eher bescheidene Größe des Verbandes mit gut 100 000 Mitgliedern 
eigentlich erwarten ließe. Das Amt ist erheblich mehr als nur ein 
repräsentatives. Im Land der Täter kommt dem Zentralrat auch die 
Rolle einer moralischen Instanz zu, die alle Vorsitzenden mit 
beachtlichem Geschick und Erfolg gemeistert haben.
 Mehr als 60 Jahre nach dem Ende der braunen Barbarei und den 
Schrecken des Holocaust ist das Verhältnis zwischen Juden und 
Nichtjuden immer noch nicht normal. Jeder Kino- oder Theaterbesuch 
eines Zentralrats-Präsidenten muss beim Landeskriminalamt angemeldet 
werden, damit Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden können. Auch 
für die neue 73-jährige Präsidentin des jüdischen Dachverbandes sind 
mehrere Leibwächter eine ungeliebte, aber notwendige Maßnahme. Denn 
Rechtsradikalismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Fanatismus - 
ob aus der braunen Ecke, von Islamisten, aus dem Iran oder einfach 
von Verrückten - sind virulent. Auch in einer so gefestigten 
Demokratie, wie wir sie heute in Deutschland haben.
 Im Zentralrat selbst warten große Herausforderungen auf die neue 
Präsidentin. Mit Charlotte Knobloch wurde ein weiteres Mal das 
deutsche Judentum an die Spitze der 87 jüdischen Gemeinden gestellt. 
Dabei sind mehr als 80 Prozent der organisierten Juden in den 
vergangenen Jahren aus Osteuropa eingewandert. Das birgt 
innerjüdische Konflikte. Gerade die vielen Zugewanderten in der 
jüdischen Gemeinschaft definieren sich nicht nur über die Erinnerung 
an Verfolgung und Holocaust. Für die Einwanderer ist Deutschland der 
hoffnungsvolle Ort eines Neubeginns.
 Der Publizist Rafael Seligmann hat die Probleme kürzlich so 
formuliert: Unsere russisch sprechenden Brüder und Schwestern 
brauchen mehr besondere Betreuung. Es geht dabei um Sprachkurse, 
Schulen, Berufsförderung, soziale Hilfestellung, Kindergärten, 
Altenheime, aber auch um die Pflege jüdischer Kultur in ihrer ganzen 
Vielfalt als Wurzel allen jüdischen Lebens. Dabei sind die Finanzen 
vieler Gemeinden reichlich überstrapaziert. Auch wenn ein 
Staatsvertrag garantiert, dass eingedenk der besonderen deutschen 
Verantwortung jährlich einige Millionen Euro vom Bund zum Zentralrat 
fließen. Und es geht um den Erhalt der Einheitsgemeinde. Wer dem 
Zentralrat vorsteht, muss die Gemeinden einen. Charlotte Knobloch, 
die 21 Jahre die Israelitische Kultusgemeinde München als Motor und 
Mittelpunkt führt, redegewandt und durchsetzungsstark, bringt gerade 
dafür beste Vorraussetzungen mit.

Rückfragen bitte an:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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