Mitteldeutsche Zeitung: Türkei/Religion Grünen-Chef Özdemir fordert Unabhängigkeit der Ditib von Erdogans Regierung
Halle (ots)
Der Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, hat gefordert, die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) aus den Fesseln der Regierung in Ankara zu lösen. Anlass ist ein Bericht der türkischen Zeitung "Cumhuriyet", wonach Ditib-Imame Gegner des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland ausspionieren und ihre Informationen an türkische Regierungsstellen weiterleiten. "Weder Putins noch Erdogans langer Arm haben in Deutschland etwas verloren", sagte Özdemir der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Dienstag-Ausgabe). "Wir brauchen Ditib und die anderen muslimischen Verbände als Partner, um religiöse Bedürfnisse von Muslimen in Deutschland zu regeln. Dies geht aber nur, wenn sich Ditib und die anderen Organisationen auf Dauer vom Einfluss der Herkunftsländer und ihrer Herrscher lösen und zu inländischen Organisationen werden." Dies diene auch den Gläubigen in den Moscheegemeinden, die vor Ort oft eine tolle Arbeit machten. Der grüne Parteichef fügte hinzu: "Deshalb müssen alle muslimischen Verbände ganz auf dem Boden unserer Verfassung stehen. Nur Zehenspitzen reicht für mich nicht." Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, erklärte der "Mitteldeutschen Zeitung": "Träfen diese Nachrichten zu, würden sie Anlass zu großer Sorge geben. Spionage für eine andere Macht steht in Deutschland unter Strafe." Der grüne Abgeordnete Christian Ströbele, Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, mahnte: "Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe, das zu beobachten. Und die Strafverfolgungsbehörden sind aufgerufen, das zu verfolgen." Die Aktivitäten der Ditib-Imame verletzten Paragraf 99 des Strafgesetzbuches, der Spionage für eine fremde Macht unter Strafe stelle. "Cumhuriyet" zufolge geben Imame des Verbandes den türkischen Konsulaten Auskunft über Personen, die vermeintlich oder tatsächlich dem Netzwerk des Predigers Fethullah Gülen zugerechnet werden. Die Konsulate reichen die Informationen dann offenbar an die türkische Regierung weiter. Zuletzt hatten darüber auch die "Welt" und der Deutschlandfunk berichtet.
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