Lebensmittelpolitik ohne Biss
foodwatch fordert stärkere Verbraucherrechte
Berlin (ots)
"Der Politik im Lebensmittelbereich fehlt der Biss", stellt foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode zum einjährigen Bestehen der Verbraucherorganisation fest. Um ihre Rechte einzufordern, müssten sich die Bürgerinnen und Bürger zusammenschließen, lautet für Bode die Konsequenz.
Die erste Jahrespressekonferenz von foodwatch nutzt Thilo Bode zur Bestandsaufnahme der Lebensmittelpolitik: "Die Verbraucher müssen zu viel schlucken: Risiken durch kontaminierte Futtermittel, fehlende Informationsrechte und die durch Aromen überdeckte, mangelnde Qualität vieler industrieller Nahrungsmittel".
Eineinhalb Jahre nach dem Nitrofen-Skandal vermisst foodwatch klare Regelungen für den Futtermittelsektor, etwa zur sachgemäßen Lagerung von Erntegütern und Registrierung von Lagerstätten: "Außer präzisierten Meldepflichten bei Verdachtsfällen ist nichts passiert", bilanziert Thilo Bode. foodwatch rechnet mit der baldigen Einstellung des einzigen noch laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens zu Nitrofen. Vollmundigen Aufklärungsversprechen der Politik seien keine Konsequenzen gefolgt, erneut würden im Futtermittelbereich Verantwortliche nicht zur Rechenschaft gezogen, empört sich Bode. foodwatch fordert daher, einen Straftatbestand der Futtermittelverunreinigung einzuführen.
Der Umgang der Regierung mit dem krebsverdächtigen Acrylamid zeigt für Bode, dass "Rot-Grün das im Koalitionsvertrag gegebene Versprechen nicht einlöst, dem vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen zu geben". Obwohl der Lebensmittelsektor alle Verbraucher unmittelbar betreffe, sei ihre Position gegenüber Anbietern zu schwach, meint Bode. So mauerten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) seit langem gegen ein wirksames Verbraucherinformationsgesetz. Als weiteren Beleg führt foodwatch die Zusammensetzung des Ausschusses für Verbraucher, Ernährung und Landwirtschaft im Deutschen Bundestag an: Die Mehrheit der Ausschussmitglieder repräsentiere Produzenteninteressen, kritisiert foodwatch. "Ein Verbraucherministerium allein führt noch nicht zu einer verbraucherfreundlichen Politik", so Bode. foodwatch bemängelt das Fehlen eines klaren Verbraucherleitbildes, das die Rechte und Pflichten eingrenzt.
Die Regierungsziele der Agrarwende bezeichnete Bode als "völlig unrealistisch", zumal keine Perspektive für die Entwicklung der gesamten Landwirtschaft sichtbar werde. Der parlamentarischen Opposition attestiert foodwatch "Konzeptlosigkeit". Die von der CDU/CSU-Fraktion abgelehnte Politisierung der Verbraucher hält foodwatch für unverzichtbar.
Die gemeinnützige Organisation foodwatch e.V. wird inzwischen von mehr als 6.500 Fördermitgliedern unterstützt: "Je mehr Menschen klar ist, dass das Angebot im Supermarktregal von politischen Weichenstellungen abhängt, desto besser. Denn dann werden sie ihr Recht auf Transparenz auch einfordern. Und erst dann herrscht Demokratie auf dem Teller!", schließt Thilo Bode.
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