Studie zu politischen Einstellungen in Bayern offenbart große Verbundenheit mit dem Freistaat und starkes Vertrauen in die "klassischen" Medien öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Zeitungen
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München (ots)
Die Forschungsgruppe Wahlen hat im Auftrag der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) über 2.000 erwachsene, wahlberechtigte Bayerinnen und Bayern zu deren Einstellungen zur Politik befragt.
- HSS-Vorsitzende Ursula Männle: "Wollen das Verhältnis der Bürger zur Politik besser beschreiben können."
- Ein zentraler Befund der am 1. März 2018 in München vorgestellten Studie "Einstellungen zur Politik" lautet: Die wichtigsten Quellen politischer Information sind ARD und ZDF sowie regionale bzw. lokale Tageszeitungen.
Der Blick der Bürger Bayerns auf die Politik, deren grundsätzliche Einstellungen und die Art der Information über Politik waren Gegenstand der von der Hanns-Seidel-Stiftung bei der Forschungsgruppe Wahlen (FGW) in Auftrag gegebenen Repräsentativumfrage. 2.012 zufällig ausgewählte, erwachsene Bayerinnen und Bayern hat die FGW im Zeitraum vom 16. bis 26. Oktober 2017 in ganz Bayern befragt.
Es liegen Ergebnisse vor zur Identifikation und Verbundenheit mit der Heimat, dem Vertrauen in Institutionen und gesellschaftspolitisch wichtigen Themen zum Befragungszeitraum. Außerdem wurde das Rezeptionsverhalten und die Glaubwürdigkeit politischer Nachrichten und verschiedener Medien untersucht.
"Hauptziel der Studie war es", sagte die Stiftungsvorsitzende Ursula Männle, "die Erwartungen der Bürger Bayerns an die Politik intensiver zu erfassen und besser zu verstehen."
Die Ergebnisse der neusten Studie hat Matthias Jung, Geschäftsführer der Forschungsgruppe Wahlen, am 1. März 2018 in München vorgestellt.
"Ein zentrales Ziel war es auch, Erkenntnisse zu gewinnen, wie sich die Menschen über Politik informieren und welchen Informationskanälen sie vertrauen", so Institutsleiter Jung.
Hohe Verbundenheit mit Bayern
Der Ministerpräsident Horst Seehofer beschreibt Bayern gerne als "Vorstufe zum Paradies" und wird (S. 10) dabei von 66 % der CSU-Wähler bestätigt, die sich mit Bayern "sehr verbunden", weitere 28 % "verbunden" fühlen. Keine andere Parteipräferenz erreicht diese hohen Zustimmungswerte. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung bestehen aber regionale Unterschiede: Die Altbayern und Schwaben fühlen sich mit Bayern stärker verbunden als die Franken, die sich weniger mit ihrem Bundesland identifizieren.
Aktuelle Themen Integration, Energiewende, Ganztagsbetreuung, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Videoüberwachung
Das beherrschende Thema in Bayern war im Befragungszeitraum "Ausländer, Integration, Flüchtlinge und Asyl" (S. 27), 32 % aller Nennung entfielen hierauf. Für 61 % aller Befragten und Mehrheiten in fast allen Bevölkerungsteilen wird für die Energiewende "zu wenig" getan (S. 32). Der Wert ist bei Anhängern der Parteien Die Grünen und LINKE höher als unter CSU- und FDP-Wählern. Ein weiteres gesellschaftliches Thema, bei dem die Bevölkerung zu wenig Fortschritte sieht, ist die Ganztagsbetreuung von Kindern. Hier passiert 57 % "zu wenig". Männer und Frauen sind sich hierbei ausgesprochen einig (S. 33). Bei dem in der veröffentlichten Meinung als polarisierend empfundenen Thema der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften überwiegt die Zufriedenheit mit dem Ist-Zustand: 51 % der erwachsenen Deutschen im Freistaat halten es für "gerade richtig", was für die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften getan wird, 20 % geht dies zu weit und 22 % nicht weit genug (S. 34, 35). Bei der Videoüberwachung sehen große Teile der Bevölkerung Handlungsbedarf. Für 48 % passiert hier zu wenig. Für 36 % sind die Maßnahmen der Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen "gerade richtig", nur 11 % gehen die bereits umgesetzten Maßnahmen zu weit (S. 36).
Rezeption politischer Nachrichten über öffentliche-rechtliche Sender und Tageszeitungen
Wenn es um Nachrichten und Informationen über Politik geht, sind die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF sowie die regionale bzw. lokale Tageszeitung in Bayern die wichtigsten Informationsquellen (S. 39): 64 % bzw. 58 % aller Wahlberechtigten nutzen diese Medien nach eigenen Angaben "häufig" zur Informationsbeschaffung, jeweils gut ein weiteres Viertel schaut bzw. liest zumindest "manchmal" diese Sender oder Printmedien. Mit 45 % konstatiert außerdem knapp die Hälfte der Befragten, dass sie "häufig" mit Verwandten oder Freunden reden, wenn es um politische Nachrichten und Informationen geht. Häufig BR Fernsehen schaut zu diesem Zweck gut ein Drittel der Erwachsenen.
Der Konsum von Nachrichten in öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern ist primär eine Altersfrage: Bei den unter 30-Jährigen werden ARD und ZDF zur "häufigen" politischen Information mit 36 % nur geringfügig intensiver genutzt als soziale Medien mit 33 % (S.39). Fast die Hälfte der 30-49-Jährigen gibt an, "manchmal" bei Facebook oder Twitter politische Themen zu konsumieren (S.41). In der Generation 60plus sind ARD, ZDF und BR gemeinsam mit den Lokalzeitungen das eindeutig dominierende politische Medium. Bei der Rezeption von Politiknachrichten aus Tageszeitungen gibt es auch eine Auffälligkeit in der Altersschichtung: Bei allen ab 50-Jährigen lesen deutlich mehr als doppelt so viele Bayern zur politischen Information eine lokale oder regionale Zeitung als bei den unter 30-Jährigen (S.40). Häufig BR Fernsehen schaut gut ein Drittel der Erwachsenen, wenn es um politische Nachrichten und Informationen geht. Nur jeweils rund einer von fünf bezieht entsprechend häufig Politiknachrichten aus den privaten Fernsehsendern wie RTL, Sat.1 oder Pro 7, aus überregionalen Tageszeitungen wie der Süddeutschen Zeitung, der FAZ oder der Welt oder aus sozialen Medien wie Facebook oder Twitter. 15 % lesen oft ein Wochenmagazin wie den Spiegel, Focus oder den Stern. Dass sie zur politischen Information "häufig" Bild-Zeitung lesen, sagen 6 % aller Befragten, wobei hier und noch stärker bei allen anderen genannten Kommunikationsplattformen das Rezeptionsverhalten in den diversen demographischen, sozialen und politischen Gruppen dann zumeist äußerst heterogen ausfällt (S. 39).
Nutzung von Internet und sozialen Medien - 60plus nur zur Hälfte erreichbar
Während bei den unter 50-Jährigen nahezu alle Befragten online sind, ist dies in der - bei Wahlen besonders beteiligungsstarken - Generation 60plus gerade einmal rund die Hälfte. Neben dieser eklatanten altersspezifischen Diskrepanz variiert die Internetnutzung aber auch hinsichtlich von Merkmalen wie Bildung oder Geschlecht mitunter erheblich. 13 % aller Männer, aber 25 % der Frauen nutzen kein Internet, bei den ab 60-jährigen Frauen ist dies mit 61 % sogar eine klare Mehrheit (S. 49).
Wenn auch erneut mit ganz unterschiedlicher Bedeutung in den einzelnen Bevölkerungsgruppen, ist das Internet in Bayern eine grundsätzlich hochrelevante Kommunikationsplattform für politische Inhalte: 58 % aller Wahlberechtigten - dies sind 72 % derjenigen Befragten, die das Internet nutzen - lesen im Internet auch etwas über Politik. Gut die Hälfte aus dieser Gruppe tut dies mindestens einmal täglich. Zum Vergleich: Bundesweit haben zuletzt 64 % aller Deutschen angegeben, im Internet auch etwas über Politik zu lesen (S. 51) (Forschungsgruppe Wahlen: Politbarometer September III 2017, KW 37).
Politik über Facebook erreicht überwiegend nur bis Alter 39 Jahre
Ähnlich wie bei der Internet-Nutzung ganz allgemein ist auch bei der Verbreitung von Facebook das Alter die zentrale Größe: Weit überdurchschnittlich genutzt wird dieses soziale Netzwerk von jungen Menschen. Anders als bei der grundsätzlichen Internet-Nutzung, wo erst in der Generation 60plus große Bevölkerungsteile offline sind, sind Facebook-Nutzer in Bayern bei den ab 40-Jährigen klar in der Minderheit und bei den ab 60-Jährigen die große Ausnahme. Zwischen Männern und Frauen gibt es bei der Facebook-Nutzung insgesamt überhaupt keinen Unterschied, bei den unter 35-Jährigen sind allerdings noch mehr weibliche (76 %) als männliche Befragte (68 %) entsprechend vernetzt (S. 53). Twitter nutzen übrigens nur 4 % der wahlberechtigten Bayerinnen und Bayern (S. 49).
Fake News als Problem erkannt - Auswirkungen auf Wahlen unklar
Fake News bezeichnen 56 % aller Befragten als sehr großes (14 %) oder großes (42 %) Problem, insgesamt 28 % sehen in solchen meist gezielt lancierten Falschmeldungen ein weniger großes (26 %) oder überhaupt kein Problem (2 %), 13 % können nicht antworten, weil sie nichts von diesem Phänomen gehört haben. Dass ihnen Fake News unbekannt sind, sagen besonders viele ab 70-Jährige, wobei selbst hier wie in allen anderen untersuchten Subpopulationen klare Mehrheiten Fake News zumindest vom Namen her kennen (S. 55). Obwohl Fake News vor allem viral über soziale Netzwerke verbreitet werden, gibt es - soweit bekannt - ein klar überwiegendes Problembewusstsein gegenüber solchen manipulierten Meldungen auch unter denjenigen Bayern, die kaum oder gar nicht das Internet nutzen. Eine relativ hohe Sensibilität existiert auch unter Befragten, die täglich viele Stunden online sind und / oder unter denjenigen, die politische Nachrichten verstärkt aus dem Internet beziehen. Allerdings gibt es auch in diesen Gruppen zahlreiche Befragte, die Fake News als weniger oder gänzlich unproblematisch klassifizieren.
Auch wenn das Gros der Bayerinnen und Bayern größere Effekte von Fake News auf den Ausgang der Bundestagswahl bezweifelt, sind zahlreiche Wahlberechtigte vom Gegenteil überzeugt: 31 % aller Befragten (bzw. 35 % derjenigen, die von Fake News gehört haben) meinen, dass falsche oder manipulierte Nachrichten die Bundestagswahl im September 2017 stark (25 %) bzw. sehr stark (6 %) beeinflusst haben. 42 % vermuten eine weniger starke Wirkung und für nur 9 % haben Fake News überhaupt keine beeinflussende Rolle gespielt (S. 57).
Die Hanns-Seidel-Stiftung führt immer wieder Studien durch und lässt dabei gesellschaftspolitische Themenstellungen erforschen. Die ausführlichen Ergebnisse der Studien werden veröffentlicht und können auf der Website www.hss.de/publikationen mit Tabellen und Schaubildern heruntergeladen werden.
Anm.: Die Seitenangaben in Klammern beziehen sich auf die Druckfassung der Studie, s. PDF-Anhang)
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