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Oxfam: Reiche Länder geizen - auf Kosten der Armen

London / Berlin (ots)

In ihrem heute weltweit veröffentlichten
Bericht "Paying the Price - Why rich countries must now invest in a
war on poverty" weist die internationale Hilfsorganisation Oxfam
darauf hin, dass die reichen Länder gegenwärtig (gemessen am Anteil
des Bruttovolkseinkommens) nur noch halb soviel Entwicklungshilfe
leisten wie in den 60er Jahren. Zugleich hat sich ihr Wohlstand
verdreifacht. Die armen Länder (low income countries - LIC) müssen
heute unfassbare 100 Millionen Dollar pro Tag für ihren
Schuldendienst aufbringen. Für jeden Dollar, den sie an
Entwicklungshilfe erhalten, zahlen sie 1,44 Dollar an Schuldendienst
zurück. Die Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zur
Halbierung der weltweiten Armut bis 2015 rücken in schier
unerreichbare Ferne. Wenn gegenwärtige Trends nicht sofort umgekehrt
werden, sterben bis 2015 mindestens 45 Millionen Kinder mehr an
armutsbedingten Ursachen und bleiben weitere 97 Millionen Kinder ohne
Bildung.
"Paying the Price" erscheint kurz vor Beginn einer globalen Aktion
("Global Call to Action Against Poverty"), in der sich Organisationen
und bekannte Persönlichkeiten weltweit zusammenschließen, um ein Ende
der Armut zu erreichen. Der Bericht warnt, dass die vereinbarten
Millennium-Entwicklungsziele verfehlt werden, falls die
Entwicklungshilfe nicht um 50 Mrd. Dollar erhöht und die Schulden der
armen Länder nicht erlassen werden.
"Die Welt war nie wohlhabender, dennoch geben die reichen Nationen
immer weniger. Über den ganzen Erdball müssen Millionen von Menschen
auf die Erfüllung einfachster Bedürfnisse verzichten - sauberes
Wasser, Nahrung, Gesundheitsversorgung und Bildung. Menschen sterben,
während die Reichen und Mächtigen sich vor Schuldenstreichung und
mehr Entwicklungshilfe drücken", so Jeremy Hobbs, Direktor von Oxfam
International.
Oxfam ruft die Staats- und Regierungschefs der G7-Länder -
Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Großbritannien, die USA und
Kanada - dazu auf, im Jahr 2005 durch Schuldenerlass, Erhöhung der
Entwicklungshilfe und faire Welthandelsregeln einen historischen
Durchbruch zum Abbau der Armut zu erreichen.
Zur Veröffentlichung des Oxfam-Berichts findet in London eine
Foto-Aktion statt, bei der die reichen Länder in Gestalt des
Geizhalses Ebenezer Scrooge aus Charles Dickens' "Weihnachtsmärchen"
auftreten. Bekleidet mit Nachthemd und Zipfelmütze, mit Kerze in der
Hand und hinter den Masken ihrer Staats- und Regierungschefs tragen
sie die UN-Millenniumziele zu Grabe.
Weitere Fakten aus dem Bericht:
  • 1970 einigten sich die reichen Länder darauf 0,7 % ihres Bruttovolkseinkommens für Entwicklungshilfe zu verwenden. 34 Jahre später hat kein einziger der G7-Staaten diese Vorgabe erfüllt, und viele haben nicht einmal einen Zeitplan zur Erreichung des Ziels aufgestellt.
  • Nur 40 % der Finanzmittel, die als offizielle Entwicklungshilfe gelten, gehen in die ärmsten Länder, und dies meist nur sehr verzögert.
  • 20 % der Entwicklungshilfe der Europäischen Union wird mindestens ein Jahr zu spät ausgezahlt; 92% der Entwicklungshilfe Italiens ist sog. gebundene Hilfe, die nur für italienische Güter und Dienstleistungen verwendet werden kann.
  • Die US-Ausgaben für Entwicklungshilfe betrugen 2003 mit gerade 0,14 % des Bruttovolkskommens nur ein Zehntel von dem, was im Irak ausgegeben wurde. Nach den gegenwärtigen Trends werden die USA das 0,7 % Ziel erst 2040 erreichen und Deutschland sogar erst 2087, während Japans Entwicklungshilfe sogar sinkt.
"Paying the Price" fordert:
Die G7 und andere Geberländern sollten:
  • mehr und bessere Entwicklungshilfe leisten, einschließlich einer sofortigen Aufstockung um mindestens 50 Mrd. Dollar,
  • spätestens 2005 verbindliche Zeitpläne aufzustellen, um zu garantieren, dass das 0,7%-Ziel bis 2010 erreicht wird,
  • die Schulden der ärmsten Länder vollständig streichen, einschließlich der bilateralen Schulden und der Schulden bei der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank,
  • die Verpflichtungen aus der Deklaration von Rom 2003 (zügige Leistung von Entwicklungshilfe, Leistung von nicht gebundener Hilfe) vollständig umsetzen.
Weltbank und IWF sollten:
  • die Schulden der ärmsten Länder vollständig streichen und die Mittel dafür z.B. durch eine Neubewertung der Goldreserven des IWF erzielen,
  • die Konditionalität der Kreditvergabe an arme Länder beschränken auf die Erfordernisse finanzieller Rechenschaftspflicht und allgemein anerkannte Ziele der Armutsbekämpfung und Geschlechtergleichstellung.
Die Regierungen der Entwicklungsländer sollten:
  • 20 % der öffentlichen Ausgaben für soziale Grunddienstleistungen verwenden, um Armut zu bekämpfen,
  • Die Beteiligung von Zivilgesellschaft und Parlament in der Politik der Armutsbekämpfung institutionell verankern und das Recht auf freie und faire Wahlen, Redefreiheit und Rechtsstaatlichkeit garantieren, Die Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen sind acht Zielsetzungen für globale Armutsbekämpfung bis 2015. Sie wurden von Staats- und Regierungschefs aus 189 Ländern auf der UN-Millenniums-Sondersitzung im September 2000 vereinbart und beinhalten Gewährleistung universaler Grundbildung, Halbierung der Anzahl der in Armut und Hunger lebenden Menschen, bessere Gesundheit und das Eindämmen von Seuchen wie HIV/AIDS.

Kontakt:

Jörn Kalinski: +49 (0)30 42850623, mobil: +49 (0)171 8360631,
Caroline Green: +1 202 321 78758 oder +1 202 496 1174

Der Bericht ist (vorerst nur in englischer Sprache) auf www.oxfam.org
zugänglich.

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