Oxfam: Krisenherde in Afrika dürfen nicht vernachlässigt werden
Berlin (ots)
Die internationale Hilfsorganisation Oxfam warnt heute davor, dass die dringend notwendige Hilfe für die Flutopfer Aufmerksamkeit und Ressourcen von anderen Krisenherden in der Welt abziehen könnte.
"Das Ausmaß der Flutkatastrophe in Asien ist so groß, dass die Staatengemeinschaft zusätzliche Ressourcen mobilisieren muss. Die gemachten Hilfszusagen dürfen nicht auf Kosten bereits früher zugesagter oder künftig nötiger Not- und Entwicklungshilfe für andere Krisenregionen, z.B. in Afrika gehen", so Paul Bendix, Geschäftsführer von Oxfam Deutschland.
Oxfam fordert daher die Geberländer auf, am 11. Januar, auf der UN-Geberkonferenz in Genf, nicht nur über die Hilfe für die Flutopfer in Asien zu beraten, sondern auch zügig Hilfszusagen für den UN-Aufruf für 2005 über 1,7 Mrd. US-Dollar für die weltweit vierzehn weiteren großen humanitären Krisen zu machen.
1. Nord-Uganda
Friedensprozess:
Nach dem Abbruch der Friedensgespräche - der ersten seit zehn Jahren - zwischen der ugandischen Regierung und der Lord's Resistance Army am 1. Januar sind beide Seiten wieder zu bewaffneten Aktionen übergegangen. Damit droht die historische Chance auf Frieden in diesem bereits 18 Jahre währenden Konflikt zu entgleiten. 1,6 Millionen Menschen sind aus ihren Heimatregionen geflohen (eine Verdreifachung seit 2002). Die Mehrheit dieser Flüchtlinge kann seit Jahren keinen Acker bestellen und ist auf unzureichende Hilfe des WFP (World Food Programme) und von NROs angewiesen. Die Regierung Ugandas verfällt wieder in die Strategie der militärischen Lösung, die sich aber als untauglich erwiesen hatte. Militärische Lösung bedeutete auch das Töten von Kindern, da die überwältigende Mehrheit der LRA-Kämpfer Kinder sind. Der UN-Sicherheitsrat, die EU, die Afrikanische Union und wichtige Regierungen waren bisher zu halbherzig. Sie müssen den politischen Druck auf alle beteiligten Parteien erhöhen, damit die Friedensverhandlungen umgehend wieder aufgenommen werden. Der Waffenstillstand muss wieder eingehalten und dem Friedensprozess eine weitere Chance gegeben werden. Die LRA muss zum Entwurf eines Friedensabkommens Stellung nehmen.
2004 wurden nur 77% des UN-Aufrufes zur humanitären Hilfe in Höhe von 143 US$ auch gezahlt, und der UN-Aufruf (Consolidated Appeal - CAP) für 2005 von 157 Mio US$ wartet auf Zusagen. Die Geber müssen dabei sicherstellen, dass die Unterstützung wirklich für humanitäre Hilfe in den Konfliktregionen verwendet wird. Oberste Priorität muss zunächst aber sein, die historische Chance auf den Friedensprozess zu retten, damit die humanitäre Krise zu einem Ende kommt und die Zivilbevölkerung geschützt wird.
2. Demokratische Republik Kongo
In der DRK sind seit 1998 über 3,5 Millionen Menschen, entweder direkt durch bewaffnete Kämpfe oder in deren Folge, ums Leben gekommen; 2,3 Millionen mussten fliehen, davon 100.000 neue Flüchtlinge in den letzten Monaten. Die humanitäre Hilfe für die DR Kongo hat sich in den vergangen Jahren etwas verbessert, der letzte UN-Aufruf (CAP) wurde zu 67% finanziert. Doch der UN-Aufruf für 2005 (185 Mio. US$) wurde auf dringlichste humanitäre Bedürfnisse beschränkt und vernachlässigt den Wiederaufbau und andere wichtige Bereiche. Es werden dringend mehr Mittel zur Finanzierung des Wiederaufbaus und zur Unterstützung der Übergangsregierung benötigt.
3. Sudan/Darfur und Tschad
Humanitäre Hilfe:
Die humanitäre Hilfe für die Darfur/Tschad-Krise, von der mittlerweile 1,85 Millionen Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge betroffen sind, kam verspätet, aber relativ umfangreich. Für Darfur wurden 83% der Anforderungen gedeckt, für den Tschad 85%. Jedoch stehen für das Jahr 2004 immer noch 62 Mio. US$ aus. Für die UN-Anforderungen für 2005 von 621 Mio. US$ gibt es bisher noch keine ausreichenden Zusagen. Auch wurden 2004 die nötigen Mittel zur Unterstützung der Rückkehr und Reintegration der Flüchtlinge nur zur Hälfte bereitgestellt. Die UN planen die für 2005 die Rückkehr von 1,2 Millionen der insgesamt vier Millionen Binnenflüchtlinge, dafür werden erhebliche Finanzmittel benötigt.
Friedensprozess:
Die am heutigen 9. Januar in Nairobi erfolgte Unterzeichnung der Friedensvereinbarung zwischen der sudanesischen Regierung und der SPLM (Sudanese People's Liberation Movement) ist ein großer Erfolg. Mit dem Abschluss des Friedensprozesses von Naivasha geht der seit 21 Jahren währende Bürgerkrieg im Südsudan hoffentlich zu Ende. Der internationale Druck muss aufrechterhalten werden, damit dass das Abkommen respektiert und umgesetzt wird und sein Geist auch auf die Darfur-Krise Anwendung findet. Die Friedensverhandlungen in Abuja (die sich separat mit der Darfur-Krise beschäftigen) müssen sobald wie möglich wieder aufgenommen werden und den Weg zum Frieden auch in Darfur bereiten. Dafür ist energisches internationales Engagement nötig.
4. Dürre am Horn von Afrika und in Ostafrika
Nord-Uganda (Karamoja), Nord-Kenia, Nord-Tansania, Äthiopien, Eritrea und Somalia (Puntland) sind von einer ausgedehnten Dürre betroffen. Einige Regionen leiden das vierte Jahr in Folge unter der Dürre. Durchschnittsraten an akuter allgemeiner Unterernährung von 20% werden inzwischen als normal erachtet, während sie anderswo in der Welt inakzeptabel sind. In einigen Ländern ist die Situation kurzfristig besonders besorgniserregend:
- In Äthiopien werden 8,9 Millionen Menschen im Laufe des Jahres 2005 auf Hilfe angewiesen sein. Davon sind über fünf Millionen von chronischer Nahrungsmittelunsicherheit betroffen - sie benötigen das gesamte Jahr über Nahrungsmittelhilfe.
- In Eritrea benötigen 2,2 Millionen Menschen, das sind 60% der Gesamtbevölkerung, humanitäre Hilfe.
- In Somalia (wo Berichten zufolge 54.000 Menschen von dem Tsunami betroffen sind) benötigen 1,2 Millionen Menschen Hilfe. Sie sind auf sofortige Nahrungshilfe angewiesen, bzw. werden es bald sein, wenn sie keine Unterstützung erhalten.
Der Ansatz in allen Ländern muss nachhaltiger Natur sein - der Wiederaufbau und die Wiederbeschaffung verlorener Ressourcen werden viele Jahre dauern. Es handelt sich um chronisch von Nahrungsmittelunsicherheit betroffene Länder, da die Armut aufgrund politischer und ökonomischer Marginalisierung, aufgrund andauernder Konflikte und unzureichender sozialer Sicherungssysteme tief verankert ist. Oxfam arbeitet in all diesen Ländern, um die Krise zu bewältigen.
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