Das Geheimnis französischer Agrarsubventionen wird gelüftet
Paris/Brüssel/London/Madrid/Berlin, (ots)
Europa muss sich endlich der Notwendigkeit stellen, seine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) zu reformieren, nachdem nun erneut in einem europäischen Land die ungleiche Verteilung der Agrarhilfen bekannt wurde, das fordert die Hilfsorganisation Oxfam International heute.
Die in Frankreich erscheinende Zeitung "La Tribune" veröffentlichte Zahlen, die zeigen, dass die größten französischen Agrarbetriebe den Löwenanteil der nach Frankreich fließenden EU-Agrarsubventionen verschlingen.
Die 12 größten französischen Rezipienten erhalten jeweils mehr als 500.000 Euro pro Jahr allein an Subventionen. Die zwei größten bekommen gemeinsam 1,7 Mio. Subventionen pro Jahr.
Die Enthüllungen erfolgen unmittelbar vor dem heute in Brüssel stattfindenden Treffen der EU-Außenminister, auf dem das EU-Budget verhandelt werden soll, sowie vor dem Treffen von Vertretern der USA, Indiens, Brasiliens und der EU, die ebenfalls heute in London versuchen, den festgefahrenen WTO-Gesprächen neues Leben einzuhauchen.
"Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik wird in Brüssel ganz oben auf der Agenda stehen. Gleichzeitig muss den Verhandlungsführern in London klar sein, dass sich nicht nur die EU bewegen muss - alle Seiten müssen garantieren, dass die WTO-Gespräche den Entwicklungsländern helfen", sagt Celine Charveriat, Leiterin von Oxfams Make-Trade-Fair-Kampagne.
Frankreich führt zurzeit eine aggressive Verteidigung der Gemeinsamen Agrarpolitik innerhalb der WTO. Von den 44 Mrd. Euro des europäischen Agrarhaushalts erhält Frankreich 9,4 Mrd. Oxfams Analyse der Statistiken der EU-Kommission zeigt, dass allein 15% der französischen Landwirtschaftsbetriebe enorme 60% der französischen Direktzahlungen erhalten.
"Dies straft das französische Argument Lügen, Frankreich würde die EU-Subventionen nutzen, um seine kleinen Landwirte zu unterstützen. Das ist einfach falsch. 70% der Landwirte in Frankreich erhalten zusammen nur 17 % der von Paris ausgereichten Subventionen. Das ist das gleiche Bild der Ungleichheit, das wir bereits in Großbritannien und Spanien gesehen haben", so Charveriat.
"Die Gemeinsame Agrarpolitik ist ein Schlaraffenland für Europas größte und reichste Landwirte", sagt sie. "Wir wollen die GAP nicht zerstören, wir wollen, dass sie geändert wird und kleine Landwirte und umweltfreundliche Landwirtschaft unterstützt, nicht aber das große, exportorientierte Agrobusiness, das billige Produkte auf die Märkte armer Länder dumpt."
"Diese neuen Zahlen helfen aufzuzeigen, warum Europa größtenteils den Status quo beibehalten will, sogar wenn dadurch die WTO-Entwicklungsrunde verstümmelt wird. Die Gefahr in dieser Haltung ist, dass sie den USA und anderen Handelsblöcken erlaubt, selbst nur sehr wenig zu tun und die Schuld der EU zuzuschieben."
"Die Verlierer eines andauernden Stillstands bei den Verhandlungen werden Europas kleine Landwirte und Bauern sein, die mehr zielgerichtete Unterstützung benötigen sowie Millionen armer Bauern in Entwicklungsländern, für die ein Ende des Exportdumpings der reichen Länder lebenswichtig ist."
Oxfam hat entscheidend mit dazu beigetragen, die großen Ungleichheiten bei den Agrarausgaben aufzudecken, die es in Großbritannien, Spanien, den Niederlanden, Belgien, Dänemark, der Slowakei und jetzt in Frankreich gibt.
Jüngste Enthüllungen zur GAP beinhalten:
- Laut Oxfam-Untersuchungen erhalten in Spanien 303 "goldene Namen" mehr als 398 Mio. Euro pro Jahr, mehr als 1,3 Mio. Euro pro Betrieb. Die sieben Spitzenverdiener erhielten 14,5 Mio. Euro - genauso viel, wie die die 12.700 kleinsten landwirtschaftlichen Betriebe zusammen.
- Oxfam-Untersuchungen haben gezeigt, dass in Großbritannien die königliche Familie ein großer Empfänger von Subventionen ist, ebenso der Zuckergigant Tate & Lyle.
- In Dänemark erhalten vier Minister der Regierung, mehrere Parlamentsabgeordnete und sogar die dänische EU-Kommissarin Zahlungen im Rahmen der GAP, die in die Millionen gehen.
- In den Niederlanden erhielt der Landwirtschaftsminister, Cees Veerman, 150.000 Euro an Subventionen und frühere Berichte geben an, dass die größten Empfänger von Direktzahlungen und Exportsubventionen von 1999-2003 der niederländische Zweig von Mars, der Bierkonzern Heineken NV und der US-Tabak-Hersteller Philip Morris sind.
- In der Slowakei wurde kürzlich berichtet, dass Landwirtschaftsminister Zsolt Simon Besitzer einer Firma ist, die 2003 und 2004 1,3 Mio. Euro an Subventionen erhielt.
- In Belgien waren unter den Topbegünstigten die Bank Crédit Agricole, Nestlé, Campina und BASF.
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