Darfur: Erneute Gewalt bedroht weltweit größten Hilfseinsatz 480.000 Menschen verstärkt in Gefahr nach Evakuierung von 250 Helfern Inständiger Ruf von Hilfsorganisationen nach Waffenruhe
Berlin (ots)
Berlin, 15. Dezember 2006 Für fast eine halbe Million Menschen ist seit Anfang Dezember der Zugang zu humanitärer Hilfe infolge militärischer Angriffe, Überfälle durch kriminelle Banden und unmittelbarer Gewalt gegen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zunehmend gefährdet. Die bedrohliche Sicherheitslage hat dazu geführt, dass 250 Helfer aus zentralen Orten in ganz Darfur, die rund 480.000 Menschen versorgten, vorübergehend evakuiert werden mussten. Die Helfer stehen größten Schwierigkeiten gegenüber, bei ständig ansteigenden humanitären Anforderungen.
Eine Gruppe führender internationaler Hilfsorganisationen, die in der Konfliktregion aktiv sind - Concern Worldwide, Goal, International Rescue Committee (IRC), Norwegian Refugee Council, Oxfam International und World Vision - fordert: "Alle Konfliktparteien müssen dringend eine sofortige Waffenruhe vereinbaren und einhalten. Sie müssen sicherstellen, dass humanitäre Helfer in der Lage sind, die hilfsbedürftigen Menschen zu erreichen."
"Wenn sich die Situation weiter verschlechtert, könnten die Folgen für die Zivilbevölkerung verheerend sein. Im Fall erneuter Vertreibungen und Angriffe ist die Präsenz von Hilfsorganisationen wichtiger denn je. Zugleich müssen wir bei unseren Hilfsanstrengungen Tag für Tag Rückschläge hinnehmen", so Paul Smith-Lomas, Regionaldirektor von Oxfam.
Während der humanitäre Zugang gegenwärtig ohnehin einen Tiefpunkt erreicht hat, litten fünf Regionen allein in der ersten Dezemberwoche unter den Auswirkungen des umfassenden Abzugs von Mitarbeitern von Hilfsorganisationen: El Fasher und Kutum in Nord-Darfur; El Daein und Shearia in Süd-Darfur; und Kulbus in West-Darfur. Wenngleich sie hoffentlich nur vorübergehend sind, werden solche Evakuierungen immer häufiger. Der umfangreiche Hilfseinsatz in dieser Region, in der gegenwärtig fast vier Millionen Menschen auf Hilfsorganisationen angewiesen sind, um Zugang zu Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Gesundheitsversorgung zu erhalten, wird dadurch erheblich eingeschränkt. Hilfsorganisationen im Ost-Tschad sind in ihren Aktivitäten ebenfalls beeinträchtigt.
"Die Situation in der gesamten Region wird immer komplexer und unsicherer. Obwohl wir die Menschen in Darfur mit ganzer Kraft unterstützen, erschweren die häufigen Evakuierungen die wirksame Versorgung mit Hilfe erheblich. Dafür ist jedoch nicht nur eine bestimmte Gruppe verantwortlich. Alle, die in diesen Konflikt involviert sind, müssen die Hilfsaktivitäten respektieren", so Patty Swahn, Regionaldirektorin des International Rescue Committee.
Seit Anfang Dezember hat sich die Gewalt in der gesamten Region ausgeweitet:
In Süd-Darfur: - in Shearia stellte eine Hilfsorganisation ihre Aktivitäten zur Versorgung von 130.000 Menschen ein, nachdem Mitarbeiter von bewaffneten Männern überfallen und drei Fahrzeuge gestohlen wurden. - El Daein erlebte in letzter Zeit einen Zustrom von 20.000 Neuankömmlingen, die vor Kämpfen flohen - zusätzlich zu den 30.000 Binnenflüchtlingen, die bereits vor Ort sind. Die Hilfsorganisationen, die sie sonst unterstützen würden, waren jedoch zum Abzug gezwungen, da Rebellen und Regierungstruppen ihre Militäroffensiven verstärkten.
In Nord-Darfur: - Gewalt in und um EL Fasher behinderte Helfer beim Zugang zu den Camps, in denen über 100.000 Menschen untergebracht sind. - Hilfsorganisationen mussten einen Großteil der Mitarbeiter aus Kutum, wo 140.000 Menschen versorgt wurden, abziehen. Die Umgebung erlebte in den vergangenen Monaten einige der schwersten Kämpfe und Angriffe auf Zivilisten.
In West-Darfur: - In der Gegend von Kulbus mussten Helfer aufgrund zunehmender Gewalt entlang der Grenze zum Tschad aus einem Gebiet, in dem zigtausende Menschen versorgt werden, evakuiert werden. - Hilfsfahrzeuge wurden entführt und Mitarbeiter schwer misshandelt. Ein Hilfstransport wurde überfallen; mindestens 31 zivile Passagiere wurden erschossen und verbrannten.
In den letzten Monaten hatten es die Hilfsorganisationen zunehmend schwer, die Hilfsbedürftigen zu erreichen. Im November konnte eine der Hilfsorganisationen 19 ihrer 22 Programmstandorte nicht mehr erreichen; hiervon waren 175.000 Menschen betroffen. Im Flüchtlingslager Kalma in Süd-Darfur, in dem 90.000 Menschen untergebracht sind, verlieren die Organisationen aufgrund zunehmender Gewalt innerhalb des Camps wöchentlich einen Arbeitstag.
Seit der Unterzeichnung des Darfur-Friedensabkommens im Mai hat die Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen zugenommen, und über 200.000 weitere Menschen sind in die Flüchtlingslager Darfurs geflohen. Diese Camps sind oft die letzte Zuflucht für die Zivilbevölkerung. Allerdings sammeln sich dort auch immer mehr Waffen und bewaffnete Gruppen an. Die Zivilbevölkerung leidet doppelt - sie ist unmittelbar der Gewalt ausgesetzt, und Hilfsorganisationen sehen sich immer weniger in der Lage, die Grundversorgung sicherzustellen.
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