Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer
Branche fordert endlich Fairness im Wettbewerb
Mittelstand im Verkehrsgewerbe droht langfristig der Kollaps
Berlin (ots)
Anlässlich seines 25jährigen Bestehens appellierte der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) an die Politik, endlich für mehr Fairness im Wettbewerb zu sorgen. Präsident Wolfgang Steinbrück betonte in seiner Ansprache vor mehr als 600 Gästen, dass die mittelständischen Unternehmen vor einer schweren Zukunft stehen. Subventionierter Billigflugtourismus, Dumpingangebote der Bahn und schlechter werdende Rahmenbedingungen im Nahverkehr erschweren der Busbranche ein erfolgreiches Agieren am Markt.
"Wir wollen keine Extras, aber wir wollen die überlebensnotwendige Gleichbehandlung und Transparenz im Reiseverkehr und im Nahverkehr", betonte Steinbrück eingangs seiner mit Spannung erwarteten Rede vor mehr als 600 Gästen. Im Wettkampf um die Marktanteile im Reiseverkehr ist der Bus nach wie vor benachteiligt. Das umweltschädlichste Verkehrsmittel Flugzeug ist von der Kerosin- und Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Verkehr befreit und wird somit enorm begünstigt. Der Omnibus als umweltfreundlichstes Verkehrsmittel hingegen wird voll besteuert. Damit werden auch Bemühungen der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) konterkariert, mehr in- und ausländische Gäste für deutsche Regionen zu gewinnen. "Mittlerweile sind 14-tägige Flugreisen in die Karibik billiger als eine Woche Schwarzwald oder bayerische Alpen mit dem Reisebus", stellte Steinbrück fest. Um die gebotene Gleichbehandlung im Wettbewerb herzustellen, sollte die Mineralölsteuer- und die Mehrwertsteuerbefreiung für den Flugverkehr aufgehoben oder ebenfalls im grenzüberschreitenden Busverkehr eingeführt werden. "Wir wollen keine zusätzliche Belastung des Flugverkehrs, aber der Bus benötigt die gleiche Entlastung wie das Flugzeug", machte Steinbrück deutlich. Subventionierungen an Sekundärflughäfen, u.a. in Form reduzierter Start-, Lande- und Abfertigungsentgelte an Low-Cost-Carrier sind aufzuheben, so Steinbrück, der damit eine bestehende Forderung des bdo noch einmal formulierte.
Auch im Nahverkehr werden die privaten Busunternehmer durch die Politik massiv benachteiligt. Vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Kassen mag es noch verständlich sein, dass auch der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) von Kürzungen betroffen ist. Jedoch das massive Zurückführen von Zuschüssen vor allem im Schüler-und Behindertenverkehr und das deutliche Erhöhen der Fahrpreise oder gar das Abbestellen von Busverbindungen sind absurd vor dem Hintergrund, dass nach wie vor "Milliarden Euro weiterhin für Geisterzüge und für das Befördern von heißer Luft auf der Schiene aufgebracht werden, ohne dass dies nachhaltig in Frage gestellt wird", formulierte Steinbrück scharf. Allein die Realität spricht für sich: lediglich acht Prozent der Verkehrsleistung erbringt die Bahn, die Straße hingegen 80 Prozent.
Unter dieser fatalen Entwicklung leiden Fahrgäste, vor allem Schüler, Auszubildende und mobilitätseingeschränkte Menschen, die auf den Nahverkehr angewiesen sind. Auch die Busunternehmen sind zu harten Anpassungsmaßnahmen gezwungen. Steigende Treibstoffkosten und gleich bleibende oder sinkende Zahlungen der Auftraggeber treffen vor allem die Subunternehmer der Linienbetreiber hart.
Belastend kommt hinzu, dass einzelne Bundesländer aus dem bewährten und durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Sommer 2003 bestätigten Personenbeförderungsgesetz (PBefG) ausbrechen. So ist die in Hessen losgetretene Ausschreibungswelle von Nahverkehrsleistungen in der Praxis mittelstandsfeindlich und bildet ein "regelrechtes Mittelstands-Vernichtungsprogramm". Nicht nur, dass der Verwaltungsapparat der Kommunen in Zeiten des Bürokratieabbaus anschwillt und damit zusätzliche Kosten entstehen, auch die Eigenverantwortlichkeit und -initiative der Unternehmen in Planung und Organisation wird dadurch eingeschränkt. Unternehmerische Eigenverantwortung wird zugunsten einer Staatsverwaltungswirtschaft aufgegeben. "Die Politik erreicht damit das Gegenteil von dem was sie beabsichtigt", so Steinbrück weiter.
Steinbrück prangerte zudem an, dass kommunale Unternehmen von diesem Wettbewerb bisher ausgeschlossen sind. Ein "Bestandsschutz" in angestammten Räumen soll verhindern, dass sie sich dem Wettbewerb stellen. Wettbewerb nur dort, wo private Unternehmen am Markt sind. "Dies sei absurd", so Steinbrück, da private Busunternehmen die kostengünstigsten und flexibelsten Anbieter von ÖPNV-Leistungen sind. Kommunale Unternehmen dagegen weisen Milliarden Euro Defizite am Jahresende aus, die vom Steuerzahler beglichen werden müssen. Wenn private Unternehmen so agieren, wären sie insolvent.
Umso unverständlicher sei es daher, laut Steinbrück, dass die Politik wegschaut, wenn geschützte kommunale Unternehmen sich an Ausschreibungen beteiligen, die sich jenseits ihres Unternehmenssitzes abspielen. Der kommunale Gewinn von Ausschreibungen durch Dumpingangebote gegen erwiesenermaßen vor Ort kostengünstig kalkulierende Privatunternehmen wirft die Frage auf, wer das am Ende bezahlen muss. In der Regel wird das der Steuerzahler sein, der in seiner Heimatstadt bereits das Defizit kommunaler Unternehmen begleicht, nunmehr aber auch für eine Stadt die Hunderte Kilometer entfernt ist, zur Kasse gebeten wird. "Das darf nicht Schule machen", sprach Steinbrück in Richtung der zahlreich erschienenen Abgeordneten von Bund und Ländern.
Angesichts der rasanten Fehlentwicklung in Hessen stellt sich die Frage, wann Bund und Länder das Ruder herumreißen. Bereits im März 2004 hatte der EuGH unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ein ähnliches Vorgehen in Dänemark nicht mit EU-Recht zu vereinbaren ist. Danach wurden dänische Staatshilfen an das staatseigene Unternehmen Combus für unwirksam erklärt. Combus hatte in Dänemark Ausschreibungen durch Dumpingangebote gewonnen und war in der Folge in extreme Schieflage geraten. Fast 100 Millionen Euro musste der dänische Staat für die verfehlte Investitionspolitik von Combus aufbringen. Im November 2000 wurde dann die Notbremse gezogen und das Unternehmen zu einem symbolischen Preis an den britischen Arriva-Konzern verkauft, der sich mittlerweile auch in Deutschland auf Expansionskurs befindet.
"Die Mobilität der Zukunft gehört dem vielseitig einsetzbaren Verkehrsträger Bus, wenn endlich durch die Politik gleiche Rahmenbedingungen zwischen den Verkehrsträgern geschaffen werden sowohl im Reiseverkehr als auch im Nahverkehr", appellierte Steinbrück abschließend noch einmal an die Politik.
25 Jahre bdo sind aber auch ein Grund, um herausragende bdo-Erfolge noch einmal hervorzuheben. Auf den maßgeblichen Einsatz des bdo zurück zu führen sind, u.a. Tempo 100 für Reisebusse auf Autobahnen, die Einführung des 15-Meter-Busses und die Anhebung des Gesamtgewichtes von Bussen von 16 auf 18 Tonnen. Auch die Freistellung des Busses von der Schwerverkehrsmaut sowie wesentliche Erleichterungen bei grenzüberschreitenden Touristik- und Linienverkehren und bei Lenk- und Ruhezeiten sind weitere Erfolge im Bustourismus.
Im Nahverkehr gelang es nach harten Auseinandersetzungen auch die privaten Omnibusunternehmen an den staatlichen Ausgleichsleistungen nach § 45 a PBefG und der Schwerbehindertenbeförderung § 148 Sozialgesetzbuch (SGB) IX zu beteiligen. Auch eine Busförderung im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) sowie die Rückerstattung der halben Mehrwertsteuer im Nahverkehr sind herausragende Erfolge des bdo.
Der bdo ist der Spitzenverband des privaten Omnibusgewerbes. Er vertritt die Interessen von 3.000 privaten Unternehmen im Reisebusverkehr und im Öffentlichen Nahverkehr. 80 Prozent aller privaten Unternehmen sind über die Landesverbände im bdo organisiert. Allein in ländlichen Gebieten wird der Nahverkehr zu 80 Prozent von privaten Unternehmen betrieben. Im Reisverkehr erreicht der Bus einen Marktanteil von etwas mehr als zehn Prozent.
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