Antwort auf einen ungezügelten Kapitalismus
"Tag der Arbeit" - 125 Jahre Sozialenzyklika "Rerum Novarum"
Köln (ots)
Vor 125 Jahren, genau am 15. Mai 1891, hat Papst Leo XIII. das erste Soziallehrschreiben "Rerum Novarum" veröffentlicht. An diesen Meilenstein erinnert der Bundesvorsitzende des Kolpingwerkes Deutschland, Thomas Dörflinger, MdB, anlässlich des "Tages der Arbeit" am 1. Mai.
In seiner Enzyklika warnte Papst Leo XIII. vor einem Klassenkampf. Er mahnte, die Arbeitenden nicht als Sklaven zu behandeln, das Recht auf Privateigentum zu achten, Menschen nicht mit bloßer Gewinnabsicht auszubeuten oder mehr von den Werktätigen zu fordern, als leistbar sei. "Dem Arbeiter den ihm gebührenden Verdienst vorenthalten, ist eine Sünde, die zum Himmel schreit", schrieb der Papst. Er erinnerte zudem die Reichen an die Pflicht zum "gerechten Gebrauch des Besitzes" und forderte sie zur Wohltätigkeit auf.
Thomas Dörflinger: "Mit seinem Soziallehreschreiben nahm Papst Leo XIII. eine versöhnende Rolle im Konflikt zwischen Liberalismus und Sozialismus sowie zwischen Kapitalisten und Proletariern ein. Er forderte von den Katholiken einen eigenen dritten Weg zwischen den Extremen und wurde so zum Vorreiter der Sozialen Marktwirtschaft als Antwort auf einen ungezügelten Kapitalismus."
Der Bundesvorsitzende des Kolpingwerkes Deutschland würdigt die Leistung Papst Leo XIII. und weist anlässlich des "Tages der Arbeit" auf die aktuellen Fehlentwicklungen der Sozialen Marktwirtschaft hin:
- Sonn- und Feiertagsarbeit nehmen weiterhin zu. Sie stieg von 20,6 % (1992) auf 28,6 % (2012). Versandhändler und Callcenter, die rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche arbeiten, tragen in steigendem Anteil dazu bei. - Die Tarifbindung bei Beschäftigten nimmt weiter ab. Nach Flächentarifverträgen sank der Anteil zwischen 1996 und 2014 im Westen von 70 auf 53 Prozent und im Osten von 56 auf 36 Prozent - Die Aushöhlung der betrieblichen Mitbestimmung ist besorgniserregend: Derzeit wird nach Angaben der Hans-Böckler-Stiftung 800.000 Arbeitnehmern die Mitbestimmung mit juristischen Tricks vorenthalten, zum Beispiel durch Nutzung einer ausländische Rechtsform. Die Zahl der Unternehmen, deren Hälfte des Aufsichtsrates aus Arbeitnehmern bestand, ist von 767 (2002) auf 635 gesunken. - Ebenso bilden Werkverträge und Scheinselbständigkeiten oftmals moderne Formen der Ausbeutung; sie widersprechen unserem Grundsatz vom gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort.
Papst Johannes XXIII. hat erklärt, dass "die Soziallehre der katholischen Kirche ein integrierender Bestandteil der christlichen Lehre vom Menschen ist". Thomas Dörflinger: "Sie ist heute so aktuell wie damals und gibt mit den Prinzipien Personalität, Subsidiarität und Solidarität Orientierung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie für alle Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik."
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