Erklärung des Kolpingwerkes zur Zukunft des Mindestlohns
One document
KOLPING fordert Umsetzung von EU-Mindestlohn-Richtlinie in nationales Recht
Im kommenden Jahr feiert der gesetzliche Mindestlohn sein zehnjähriges Bestehen. Inzwischen ist er weithin akzeptiert. Seine Höhe bietet jedoch regelmäßig Anlass zu Diskussionen. Die Umsetzung einer EU-Richtlinie könnte Abhilfe schaffen. Doch bislang zeigt die Bundesregierung kein Interesse an einer fristgerechten Reform. KOLPING sieht dringenden Handlungsbedarf.
Köln – 24. Oktober 2024
KOLPING fordert die Bundesregierung auf, noch in dieser Legislaturperiode eine Reform des Mindestlohngesetzes anzustoßen, die auf Basis der aktuellen EU-Richtlinie einen ausgewogenen Kriterienkatalog zur jährlichen Anpassung der gesetzlichen Lohnuntergrenze definiert. Preissteigerungen müssen neben der Lohnentwicklung genauso Berücksichtigung finden wie auch die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität. Beachtung finden sollte auch die Armutsfestigkeit von Löhnen mit Blick auf den Ruhestand. Die Richtlinie sieht eine Umsetzung in nationales Recht bis zum 15. November 2024 vor.
Mit seinem starren Blick auf die Entwicklung der Tariflöhne wird das deutsche Mindestlohngesetz einem ausgewogenen Bewertungsansatz nicht gerecht. Inzwischen verfügt Deutschland zwar über ein höheres Mindestlohnniveau. Dies geht allerdings im Wesentlichen auf eine Entscheidung des Bundestages vom Sommer 2022 zurück. Damals wurde eine außerordentliche und deutliche Anhebung auf 12 Euro beschlossen, um sich der international anerkannten Schwelle zur Vermeidung von Armutsgefährdung anzunähern. Ordnungspolitisch hatte dies eine Umgehung der Mindestlohnkommission zur Folge.
Ohne eine Reform des Mindestlohngesetzes besteht die Gefahr, dass die Höhe der gesetzlichen Lohnuntergrenze regelmäßig zum Gegenstand von Wahlkämpfen und damit zum Spielball der Politik wird. Dies widerspricht der Idee einer stabilen Mindestlohnentwicklung, die im Einvernehmen zwischen den Sozialpartnern und frei von politischen Eingriffen gesteuert wird. Faktisch ist die Mindestlohnkommission auf Basis des aktuellen Gesetzes kaum noch arbeitsfähig, wie die Uneinigkeit von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften bei der letzten Mindestlohnerhöhung verdeutlicht hat. So wurde die Erhöhung auf 12,41 Euro entgegen dem Votum der Vertreter*innen auf Arbeitnehmerseite durchgesetzt – eine Vorgehensweise, die dem Verständnis von konsensorientierter Sozialpartnerschaft gänzlich widerspricht.
Eine Reform des Mindestlohngesetzes kann die Basis dafür schaffen, ein dauerhaft armutsfestes Mindestlohnniveau zu erreichen. Es kann der Mindestlohnkommission darüber hinaus den nötigen Spielraum eröffnen, um die jährlichen Erhöhungen des Mindestlohns wieder in gutem Einvernehmen zu beschließen. Eine Reform könnte auch zum Ziel haben, die Besetzung der Kommission neben Vertreter*innen aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft um Expert*innen aus Sozialverbänden zu erweitern.
Das Kolpingwerk Deutschland ist ein generationsübergreifender katholischer Sozialverband mit bundesweit mehr als 200.000 Mitgliedern, davon etwa 34.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die der Kolpingjugend angehören. In seinen Einrichtungen und Unternehmen sind rund 10.000 Mitarbeitende beschäftigt. Das Kolpingwerk ist Teil von Kolping International und von Kolping Europa.
Pressestelle
Kolpingwerk Deutschland Christoph Nösser, Pressesprecher St-Apern-Str. 32, 50667 Köln Tel. 0221-20701-110 E-Mail: christoph.noesser@kolping.de www.kolping.de