Allianz Trade Analyse: Deutsche Grenzkontrollen verteuern Waren und verursachen wirtschaftliche Einbußen
Hamburg (ots)
- Von 3 auf 23 Minuten: Verzögerung an Grenzen erhöht Transport- und Importkosten um 1,7 %
- Verzögerung mit Folgen: Rückgang der Importe nach Deutschland um bis zu 8 % bzw. bis zu 1,1 Mrd. Euro möglich
- Lieferkettenstörungen: von Lagerengpässen über höhere Betriebskosten bis zu Ausfällen bei verderblichen Waren und Just-in-Time
Die temporär eingeführten, stichprobenartigen deutschen Grenzkontrollen, um die illegale Einwanderung in die Bundesrepublik zu begrenzen, könnten im Gegenzug die deutsche Wirtschaft weiter schwächen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Analyse des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade. Durch die erwarteten Wartezeiten und Staus dürften sie zu erheblichen Verzögerungen im innereuropäischen Verkehr führen, zu teureren Waren, gestörten Lieferketten und letztlich zu Einbußen für die deutschen Unternehmen und die Wirtschaft. Zudem sind sie mit Einschränkungen und zusätzlichen Kosten für den Personenverkehr verbunden, was sich negativ auf den Tourismus in Deutschland sowie auf die Mobilität von Grenzpendlern auswirken könnte.
"Die zusätzlichen Wartezeiten an den Grenzen dürfte die Transport- und Warenkosten für Importe um rund 1,7 % erhöhen (Dienstleistungen: 1,5 %) und damit sowohl das Handelsvolumen insgesamt als auch die Wettbewerbsfähigkeit verringern, die bei deutschen Herstellern aktuell bereits auf einem niedrigen Niveau liegt", sagt Dr. Jasmin Gröschl, Senior Volkswirtin bei Allianz Trade. "Die temporären Grenzkontrollen ziehen eine Kettenreaktion nach sich: Der Handel könnte bis zu 1,1 Mrd. Euro pro Jahr verlieren. In der Folge könnten sich Rezessionsrisiken weiter verstärken und möglicherweise zu wirtschaftlichen Einbußen beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von bis zu rund 11,5 Mrd. EUR führen."
Von gut 3 auf 23 Minuten: Reisezeit auf Transitrouten verlängert sich erheblich
Unter normalen Umständen dauert ein typischer Grenzübertritt innerhalb des Schengen-Raums durchschnittlich 3,34 Minuten. Allerdings können selbst vorübergehende Grenzkontrollen den Verkehr erheblich verlangsamen, da es zu Verzögerungen durch Kontrollen oder Staus aufgrund eines verringerten Verkehrsflusses und einer ineffizienten Infrastruktur kommen kann. Die Situation dürfte dabei vergleichbar mit Kontrollen an den Schengen-Außengrenzen sein: Dort deuten Reise- und Entfernungsdaten darauf hin, dass ein Grenzübertritt mit stichprobenartigen Kontrollen auf einer Transitroute die Reisezeit um 20 Minuten verlängern kann. Angesichts der Rolle Deutschlands als wichtiges Transitland in Europa könnten diese Entwicklungen zu erheblichen Verzögerungen und höheren Kosten für Unternehmen führen, die im internationalen Handel innerhalb Europas tätig sind. Die Zunahme der Wartezeiten, insbesondere an stark frequentierten Grenzübergängen wie beispielsweise der deutsch-niederländischen Grenze, an der täglich etwa 1.000 Lastwagen verkehren, könnte die rechtzeitige Lieferung von Waren erheblich beeinträchtigen.
Verzögerung mit Folgen: bis zu 8 % weniger Importe im Wert von bis zu 1,1 Mrd. EUR
"Durch die Verzögerungen an den Grenzen rechnen wir nicht nur mit steigenden Kosten, sondern auch mit Lieferkettenstörungen sowie mit einem Rückgang der Importe nach Deutschland um möglicherweise rund 8 %", sagt Gröschl. "Da etwa zwei Drittel der deutschen Importe über die Landgrenzen erfolgen, bedeutet dies einen jährlichen Rückgang von insgesamt bis zu 1,1 Milliarden Euro. Mit Wegfall dieser Importe können teilweise weniger Endprodukte hergestellt werden oder die Unternehmen müssen mehr und teure Lagerhaltung betreiben, weil die Just-in-Time-Produktion der Industrie eingeschränkt ist."
Die drohenden wirtschaftlichen Auswirkungen setzen die deutsche Industrie zusätzlich unter Druck. Verzögerungen im Warenverkehr könnten erhebliche Auswirkungen haben, insbesondere für Sektoren, die stark vom grenzüberschreitenden Handel abhängig sind.
Branchen unterschiedlich stark von höheren Handelskosten und Importrückgängen betroffen
Unter den am stärksten betroffenen Sektoren ist der Bildungs- und Freizeitsektor. Durch die Einschränkungen im Personenverkehr mit Staus werden weniger Freizeitdienstleistungen wahrgenommen, die mit einem Grenzübertritt verbunden sind, wie beispielsweise bei Tagesausflügen oder Wochenendtrips (Importverluste: -2 Mio. EUR). Aber auch die Lebensmittelbranche dürfte mit einem Anstieg von 2,6 % bei den Handelskosten konfrontiert sein (Importverluste: -62 Mio. EUR), die Handelsdienstleistungen mit +2,4 % (Importverluste: -55 Mio. EUR) und die Transportdienstleistungen mit +1,8 % (Importverluste: -51 Mio. EUR). Beim Maschinenbau sowie in der Chemie- und Pharmaindustrie ist der prozentuale Kostenanstieg mit +1,2 % und +2,3 % zwar etwas geringer, aber durch die hohen Handelsvolumina ergibt sich hier ein erheblicher Rückgang der Importe um 147 Mio. EUR bzw. 142,1 Mio. EUR prognostiziert, was die Bedeutung für die deutsche Wirtschaft unterstreicht.
"Solche Verzögerungen könnten den Status Deutschlands als wichtiger Transitknotenpunkt für den europäischen Handel gefährden und ihn für Unternehmen, die auf eine effiziente Logistik angewiesen sind, weniger attraktiv machen", sagt Gröschl. "Deutsche Unternehmen, die bereits mit Wettbewerbsdruck und Herausforderungen in der globalen Lieferkette zu kämpfen haben, könnten durch diese neuen Kontrollen weiter belastet werden."
Die vollständige Allianz Trade Analyse zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Grenzkontrollen finden Sie hier:
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Über das unternehmenseigene Monitoring-System verfolgt und analysiert die Allianz Trade Gruppe täglich die Insolvenzentwicklung von mehr als 83 Millionen kleiner, mittlerer und multinationaler Unternehmen. Insgesamt umfassen die Expertenanalysen Märkte, auf die 92% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) entfallen.
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Das Unternehmen ist in über 50 Ländern vertreten und beschäftigt mehr als 5.500 Mitarbeiter weltweit. 2023 erwirtschaftete die Allianz Trade Gruppe einen konsolidierten Umsatz von EUR 3,7 Milliarden und versicherte weltweit Geschäftstransaktionen im Wert von EUR 1.131 Milliarden.
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