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Berliner Morgenpost: Auch heute braucht die Welt Luftbrücken - Kommentar

Berlin (ots)

Es war Josef Stalins schwerste Niederlage auf
seinem weiteren imperialen Marsch gen Westen. Mit der Aufgabe der von
ihm verhängten Blockade der West-Sektoren Berlins heute vor sechzig 
Jahren musste er einräumen, an zwei strategischen Nachkriegszielen in
Deutschland gescheitert zu sein. Mit der Abschnürung West-Berlins 
wollte er die Hauptstadt Deutschlands endgültig ganz allein für sich 
als Kriegsbeute in Besitz nehmen. Und zweitens hoffte der Kreml-Chef,
die Deutschen im Westen wie die westlichen Besatzungsmächte davon 
abbringen zu können, einen separaten Teilstaat zu gründen. Die 
Luftbrücke hat diese Pläne Stalins nicht nur gründlich durchkreuzt. 
Die in der Welt bis dahin einmalige logistische Rettungsaktion legte 
zugleich den Grundstein für die Aussöhnung zwischen Siegern und 
Besiegten im Westen. Sie war also der Beginn einer wunderbaren 
Freundschaft, die bis heute währt.
Der Freiheitswillen der West-Berliner, ihre Bereitschaft, der 
Bedrohung durch die sie umzingelnden Kommunisten zu trotzen, Hunger 
und Kälte zu ertragen, hat erst auf die Amerikaner, dann auch auf 
Briten und Franzosen einen tiefen Eindruck gemacht. Verstärkt hat 
sich dieser, als sich die Deutschen im Westen der ungeheuren 
Herausforderung durch Moskau zum Trotz auch nicht von der Idee 
abbringen ließen, die Bundesrepublik als provisorischen 
demokratischen Staat mit eindeutigem West-Kurs zu gründen.
Bis heute ist die Berliner Luftbrücke Beweis, dass zunächst unmöglich
Erscheinendes möglich wird, dass Freiheit und Demokratie über Drohung
und Erpressung siegen können, wenn Menschen bereit sind, einerseits 
Kühnes zu wagen, andererseits Entbehrungen zu ertragen. Beides ist 
heute vor sechzig Jahren belohnt worden.
Daran zu erinnern ist historische wie demokratische Pflicht. Denn 
allzu schnell wird vergessen. Damals ist uns allen geholfen worden; 
von den Weichenstellungen bis hin zur Luftbrücke profitieren bis 
heute alle Generationen. So wie uns damals von den Siegern zu einer 
guten Zukunft verholfen wurde, erwarten das heute andere Staaten, die
um ihre Existenz oder ihren Neuaufbau bangen - auf dem Balkan, im 
Irak oder in Afghanistan. Ähnlich wie damals die Westmächte den 
Appell Ernst Reuters, Berlin und die Berliner nicht preiszugeben, 
erhört haben, müssen auch die Deutschen heute bereit sein, denen 
Beistand zu leisten, die willens sind, in Freiheit zu leben.
Daran zu erinnern, ist ein runder Jahrestag des Sieges des 
freiheitlichen Widerstands über eine diktatorische Herausforderung, 
von der die Geschichte der Luftbrücke so eindrucksvoll wie 
erfolgreich erzählt, besonders geeignet. Wir dürfen uns nicht 
zurücklehnen und allein der Hilfe erfreuen, die uns einst zuteil 
wurde. Alle demokratischen Parteien im Lande haben das mittlerweile 
eingesehen. Den meisten Deutschen dagegen fehlt diese Einsicht. Sie 
sollten heute darüber nachdenken, wie es wohl im Deutschland 2009 
aussähe, wenn die westlichen Alliierten einst erst die Berliner und 
dann die West-Deutschen preisgegeben hätten.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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