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Berliner Morgenpost: Nußbaum ölt die Daumenschrauben - Kommentar

Berlin (ots)

Wer gedacht hatte, Berlins parteiloser neuer
Finanzsenator Ulrich Nußbaum würde die gemäßigte Variante der 
Sparpolitik des Senats fortsetzen, der sieht sich sofort eines 
Besseren belehrt. Keine weiteren Steuergeschenke, sondern 
Steuererhöhungen seien gefordert, um das Gemeinleben weiter 
organisieren zu können, findet der Unternehmer aus Bremerhaven. Bei 
der BVG müsse über Preiserhöhungen mehr als nachgedacht werden und 
Vertreter der Freien Berufe, wie Rechtsanwälte und Ärzte, sollten zur
Einkommen- künftig auch Gewerbesteuer entrichten. Das Kalkül hinter 
dieser Forderung ist klar. Jeder Landesfinanzminister möchte über 
einen möglichst großen Batzen Steuergeld selbst verfügen können. Das 
ist bei der Gewerbesteuer der Fall, die direkt in den Landeshaushalt 
fließt. Dagegen erhalten die Länder nur einen Teil der 
Einkommensteuer, die der Bund einstreicht. So verständlich die 
Forderung ist, so aussichtslos ist sie gleichzeitig. 
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat selber genug 
Finanzlöcher zu stopfen, als dass er freiwillig auf Steuereinnahmen 
verzichten würde. Das wäre der Fall, da die Gewerbesteuer das zu 
versteuernde Einkommen der Gewerbetreibenden senkt.
Das Signal der Nußbaumschen Forderung ist aber klar: Alles wieder auf
Start, jeder Cent kommt auf den Prüfstand. Damit endet eine 
zweijährige Ruhepause, die Rot-Rot den Berlinern gegönnt hatte. Die 
erste Auflage der rot-roten Regierung stand unter dem Zeichen des 
rigiden Sparsenators Thilo Sarrazin. Berlin hat in diesen fünf Jahren
seit 2001 erstaunliche Erfolge erzielt. Als einziges Bundesland hat 
es die Ausgaben real gesenkt und aus dem Haushaltdefizit sogar in den
vergangenen beiden Jahren einen Überschuss produziert. Das brachte 
Sarrazin auch überregional breite Anerkennung ein. Die Neuauflage der
Regierungskoalition seit 2006 zeigte sich dann milder gestimmt. Die 
Steuereinnahmen sprudelten, so dass sogar in den einzelnen Ressorts 
wieder Begehrlichkeiten für außerordentliche Ausgaben und 
Sonderwünsche aufflammten. Das ist nun mit der Finanzkrise vorbei.
Im Gegenteil: Düstere Wolken ziehen wieder am Berliner Finanzhimmel 
auf. In gut zwei Wochen beginnen die Verhandlungen mit dem 
Öffentlichen Dienst über ein Ende des Solidarpaktes. Vielmehr als die
Rückkehr zur alten Arbeitszeit bei gleichzeitiger Lohnangleichung um 
die gekürzten acht bis zwölf Prozent wird dabei für die Öffentlich 
Bediensteten nicht herausspringen. Mehr Geld für die Bezirke wird es 
wohl auch nicht geben. Und sogar das größte Reformprojekt der 
Landesregierung, die gerade beschlossene Schulreform, gerät ins 
Wanken. Ob tatsächlich jede Schule wie geplant für den 
Ganztagsbetrieb ausgebaut und ausgestattet werden kann, steht 
angesichts des neuerlichen Sparzwangs in den Sternen. Zumal Berlin 
künftig auch noch auf die Solidarmittel zum Aufbau Ost von derzeit 
noch 1,9 Milliarden Euro verzichten muss. Unter Sarrazin hieß es: 
Sparen bis es quietscht. Wie es scheint, ölt Nußbaum jetzt die 
Daumenschrauben.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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