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Berliner Morgenpost: Die Rückkehr der großen Gewinne - Kommentar

Berlin (ots)

Manchmal muss den braven Bundesbürger das Gefühl
beschleichen, an einer irren Zeitreise teilzunehmen. Vor etwa einem 
halben Jahr stand die Welt vor dem Zusammenbruch. Erst jetzt kommt 
ans Licht, dass etwa das Münchner Pleite-Institut Hypo Real Estate 
nicht nur am Abgrund stand, sondern einen Schritt weiter gewesen 
wäre, hätte nicht die Bundesregierung ein über 100 Milliarden Euro 
teures Sicherheitsseil geknüpft. Politiker, Wissenschaftler und die 
Ehrlichen unter den Bankern gaben zu, dass Leichtsinn, Gier und 
unzureichende Kontrollen das Zocken ziemlich leicht gemacht hatten. 
Von Verstaatlichung war nicht nur bei Linken die Rede; 
Lebenswichtiges wie den Geld-Kreislauf durfte man nicht von ein paar 
Hasardeuren ruinieren lassen.
Konsens war: Wenn sich marode Geldhäuser mit Steuergeldern durch die 
Krise schlawinerten, anstatt sich erhobenen Hauptes den Gesetzen des 
Marktes zu beugen, dann hatte die Öffentlichkeit zumindest Anspruch 
auf Rückzahlung. Zumal die Folgen des weltweiten Beinahe-Kollapses 
noch nicht einmal vollständig in Deutschland angekommen sind. Der 
Gipfel der Arbeitslosigkeit wird erst für das kommende Jahr erwartet,
niemand weiß, ob und wie sich die Kreditklemme lösen wird, unter der 
vor allem der Mittelstand leidet. Und die Schulden für die Zockerei 
werden noch unsere Enkel abstottern. So ist die Lage.
Die Nachrichten aus den USA allerdings klingen, als ob der Kalender 
seit zwei Jahren nicht umgeblättert worden sei. Sowohl Goldman Sachs 
als auch JP Morgen Chase vermelden Traumgewinne von über zwei 
Milliarden Dollar, nur fürs zweite Quartal 2009 wohlgemerkt. Ist 
jemals diskutiert worden, ob dieses Geld direkt bei der Regierung 
abgeliefert werden sollte? Immerhin hat JP Morgan 30 Milliarden 
Staatsbürgschaft erhalten. Stattdessen werden wieder Boni 
ausgeschüttet, für die, die am waghalsigsten investierten. Gewinne 
privatisieren, Kosten der Gemeinschaft aufbürden - wollten wir uns 
dieses System nicht vor einem halben Jahr noch abgewöhnen? Fakt ist: 
Die Angst ist weg, die Risikolust der professionellen Anleger nimmt 
ganz offenbar wieder zu.
Bei allem Wehklagen war es die Politik, die versäumte, auf dem 
Höhepunkt der Krise ein paar belastbare Regeln gegen Hazard-Banker 
durchzusetzen. Wann immer politische Entscheidungen getroffen wurden,
waren die Vertreter der Geldhäuser vertreten, in Person des Vorstands
oder des Rechtsbeistands, und wehrten virtuos allzu viele Kontrollen 
ab. Ausgerechnet die Verfechter des reinigenden Marktes haben es 
geschafft, auch das kaputteste Geldhaus mit Bürgergeld retten zu 
lassen. Regierungen weltweit haben beglückt Retter gespielt und den 
vermeintlichen Rückgewinn des politischen Primats genossen.
Diese Krise war nur ein Vorgeschmack, wenn wir nichts lernen, sagt 
der Wirtschaftsexperte Meinhard Miegel. In der nächsten Krise werden 
dann allerdings keine Banken mehr eingehen, sondern ganze 
Volkswirtschaften.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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