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Berliner Morgenpost: Der Kampf um dich Macht beginnt - nach der Wahl - Leitartikel

Berlin (ots)

Ulla Schmidt als nagelneues Wahlkampfzugpferd der
SPD, die CSU balgt sich mit der FDP um ungelegte Eier und einen 
Hühnerhof, Frau Merkel macht lieber noch etwas Urlaub. In Deutschland
ist Wahlkampf, sieben Wochenenden noch, und man wundert sich schon. 
Kommt da noch mal was?
Ach, ja. Klaus Wowereit. Der lenkt, gewollt ungewollt, den Blick ganz
passend auf die Zeit danach. Könnte ja sein, dass Kanzlerkandidat der
SPD irgendwann wieder ein begehrter Posten ist, in vier Jahren, 
vielleicht noch früher, die Zeiten sind schließlich ebenso 
schnelllebig wie ungewiss. Wenn Schwarz-Rot abgewählt oder sich nach 
kurzer Verlängerung endgültig verbraucht hat, wenn mit Schwarz-Gelb 
das passende Feindbild im Kanzleramt wirkt, dann, ja dann ...
Es sind gar nicht wenige in der SPD, die sich herzlich sehnen nach 
diesem Moment der Entfesselung, erst recht in den hinteren Reihen, wo
der Unmut über Schröders Agenda mit dem Unmut über die große 
Koalition eine emotionale Allianz bildet. Wo man endlich wieder klare
Grenzen ziehen möchte. Rechts, Links, Oben, Unten, Gut, Böse. Arm, 
Reich. Da ließe sich dann wieder Leidenschaft entwickeln, Politik mit
Herz, rot-rot, ganz warm. Ach, Oskar.
Es ist ja gar nicht sicher, wer länger durchhält in der Politik. 
Lafontaine oder diejenigen in der SPD, denen der Ex-Parteichef noch 
immer als Fahnenflüchtiger gilt und gegen deren Ehre es verstoßen 
würde, sich noch einmal gemeinsam an einen gedeckten Tisch zu setzen.
Schröder ist schon weg, Struck geht, Müntefering wird das auch 
müssen, so oder so. Die Phalanx der vom Ex-Parteichef noch persönlich
Beleidigten zerfällt. Das offene Bekenntnis zu Rot-Rot wird eines gar
nicht fernen Tage auch Ausdruck eines sozialdemokratischen 
Generationswechsels sein. Nahles, Böhning, Pronold. Und eben auch 
noch Wowereit, wenn er es denn schafft als Hoffnungsträger zu 
überleben bis dahin. Ein gewisses berufliches Interesse daran, dass 
es nicht mehr allzu lange dauert mit der rot-roten Regierungssperre 
auf Bundesebene, darf man ihm also schon unterstellen, er hat es ja 
auch kräftig unterstrichen in den vergangenen Wochen, immer indirekt,
immer halblaut, aber immer unmissverständlich in der Botschaft. Habt 
keine Angst, es wird weitergehen, auch ohne Steinmeier und 
Steinbrück. Es geht sogar besser.
Insofern wird alles verschoben in diesem Wahlkampf, der so 
leidenschaftslos ist wie keiner zuvor, weil die Fronten noch mühsam 
verborgen werden. Der eigentliche Kampf um die Macht im Land beginnt 
erst nach dem 27. September.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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