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Berliner Morgenpost: Auf dem Weg zur ewigen Kanzlerin

Berlin (ots)

Angela Merkel wird heute vereidigt. Zum zweiten
Mal. Dass es auch das letzte Mal sein könnte, darauf deutet derzeit 
wenig. Die ewige Kanzlerin, ein Titel, den zu erringen man ihr auch 
noch zutrauen kann. Sie hat den nötigen Sinn für die politischen 
Realitäten, die taktische Finesse, Klugheit, auch das Sitzfleisch.
Das war so nicht zu erwarten. Wer Angela Merkel aus der Ferne agieren
sah, damals zu Zeiten Helmut Kohls, als Frauen-, als 
Umweltministerin, der hätte ihr diesen Weg niemals zugetraut. 
Kanzler? Die waren aus ganz anderem Holz geschnitzt. Außerdem waren 
es Männer. Die hier, die war ja kaum zu unterscheiden von Frau Nolte.
Und von Frau Nebenan.
Es ist eines der unbestreitbaren Verdienste Angela Merkels, dass sie 
eben genau das vorstellbar gemacht hat. Dass Frau Nachbarin Kanzler 
wird. Dass man dazu nicht entweder hochwohlgeboren oder 
kriegsversehrt, mindestens aber ein fintenreicher Kraftprotz sein 
muss. Angela Merkel ist der Anti-Adenauer, der Anti-Schmidt, der 
Anti-Schröder, ein wenig auch der Anti-Kohl, aber das weniger 
deutlich.
Helmut Kohl war ja im Grunde kein Macho-Macher, sondern eher ein 
sensibler Kenner der Machtmechanismen. Dünne Haut. Seilschaften zu 
bilden, Einvernehmen herzustellen, im Zweifel auch Wagenburgen zu 
bauen, das beherrschte der Pfälzer wie kein Zweiter. Angela Merkel 
hat sich vieles bei ihm abgeschaut.
Dabei profitiert sie von dem größeren Abstand, den sie zu sich selbst
behalten hat. Sie ist, anders als Kohl, fähig zu öffentlicher 
Selbstironie. Das macht sie weniger angreifbar. Kohl war leicht 
beleidigt, eingeschnappt, im Zweifel auch fähig zum Jähzorn. Hinter 
Kritik witterte er Intrige und Ablehnung, nicht Konstruktivität. 
Merkel hat ein viel differenzierteres Gespür für jene Menschen, die 
ihr vielleicht nicht nahestehen, ihr aber auch nicht übelwollen. Auch
das hilft der Kanzlerin, bei sich zu bleiben, allem Höhenflug zum 
Trotz.
Wenn ein Politiker authentisch ist im Fallgestrick der Berliner 
Republik, dann ist es Merkel. Auch deshalb hat sie viele 
Sympathisanten weit über das engere Umfeld hinaus. In der SPD. Bei 
den Grünen. Gegner findet man eher im eigenen Lager. Wenn man sie 
noch findet. Von Friedrich Merz redet schon keiner mehr.
Vielleicht ist das eine Schwäche. Dass Merkel es nicht geschafft hat 
in den Jahren, in denen sie den CDU-Vorsitz innehat, auch die 
strenger Konservativen und Marktradikalen einzubinden in ihr 
Geflecht. Die misstrauen ihr weiterhin. Dass das Wahlergebnis der 
Union ausfällt, wie es jetzt zweimal ausgefallen ist, liegt auch an 
diesem Umstand. Es wird ein internes Ziel ihrer zweiten Amtszeit sein
müssen, diesen Flügel der CDU nicht ganz zu verlieren. Unterm Strich 
aber: Es ist einer der großen Vorteile Angela Merkels, dass sie die 
Präsidentenkanzlerin nicht spielen muss. Sie ist die 
Präsidentenkanzlerin. Sie ist, wenn es so etwas überhaupt gibt in der
deutschen Politik, weitgehend ideologiefrei. Naturwissenschaftlerin. 
Probleme sind durch Denken lösbar. Häufig gibt es sogar sehr 
unterschiedliche Wege, um an das richtige Ziel zu gelangen. Und so 
regiert sie auch. Ab heute weitere vier Jahre. Mindestens.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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