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Berliner Morgenpost: Rote Karte für noch mehr Nervenkitzel - Kommentar

Berlin (ots)

Es war weiß Gott nicht alles goldig bei diesen
Olympischen Winterspielen. Doch die Herzlichkeit der Gastgeber und 
die vielen bewegenden Momente, die Sportler aus aller Welt in 
Vancouver und Whistler zu schreiben wussten, hinterlassen ein breites
Lächeln. Thank you, Canada! Zwei Jahre nach Peking, wo Beifall und 
Jubel noch per Knopfdruck zu haben waren, tat die Natürlichkeit der 
Kanadier der olympischen Idee sichtlich gut und beruhigt die Macher 
der deutschen Bewerbung für die Spiele 2018: Perfektion um jeden 
Preis muss eben doch nicht sein.
Größer noch als das Eröffnungsfeuerwerk in China war in Vancouver der
Optimismus, dass diese Spiele auch trotz unvorhergesehener Probleme 
zu einem Erfolg werden können.
Die Wetterverhältnisse an Kanadas Westküste haben aus manchen 
Wettbewerben eine Lotterie gemacht, und einige Anlagen nötigten die 
Teilnehmer zu waghalsigen Stunt-Shows. Höher, schneller, tot. Der 
junge georgische Rodler zahlte für eine auf Highspeed geheizte 
Bobbahn den höchsten Preis. Auf alpinen Skipisten ereigneten sich 
schreckliche Unfälle top ausgebildeter Spitzenathleten. Allein wer 
durchkam, war bereits ein Held.
Das war früher ähnlich, nur mussten diese Helden dabei nicht ihr 
Leben riskieren. Die Jagd nach noch mehr Nervenkitzel - und das ist 
ein großer Erfolg dieser Winterspiele - bekommt von der olympischen 
Bewegung die Rote Karte gezeigt. Zum Flair erfolgreicher Spiele 
gehört nun einmal auch der afrikanische Skifahrer, der als Letzter 
ins Ziel kommt und dabei lächelt, weil er nicht vor Angst irgendwann 
aussteigen musste. Olympische Bücher wären kaum so bunt und schön, 
wenn Eddie "the Eagle" dort nie hineingeflattert wäre.
So gesehen sollte niemand den Finger heben und bemängeln, dass 
Deutschland wohl nicht mehr die Wintersportnation Nummer eins ist. 
Deutschland hat sich als starkes, sympathisches Team präsentiert. Die
Medaillenausbeute ist mit der von Turin vor vier Jahren vergleichbar,
und mit Magdalena Neuner und Maria Riesch haben die Spiele zwei neue 
Stars produziert.
Gegen die ist übrigens nicht einmal Dieter Bohlen angekommen. Die 
öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten durften sich während der 
Olympischen Spiele über Rekordeinschaltquoten freuen, und das, obwohl
einige Kommentatoren, Moderatoren und Experten besser zuvor in eine 
Qualifikation geschickt worden wären.
Apropos hinterherhinken. Vancouver hat uns gezeigt, dass wir dringend
auch einmal über den Tellerrand unserer Traditionen schauen sollten. 
Neue, junge Sportarten haben in Kanada ihren Durchbruch erlebt, 
übrigens auch bei den deutschen Fernsehzuschauern. Von Skicross über 
Freestyle bis Shorttrack, es geht dort ebenfalls um Medaillen. 
Deutsche Athleten, wenn überhaupt am Start, gehören jedoch eher zu 
den Exoten wie "Schneeleopard" Kwame Nkrumah-Acheampong aus Ghana in 
der Langlaufloipe. Sogar die Australier sind uns in neuen 
Skisportarten voraus. Das sollte sich künftig ändern.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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