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Berliner Morgenpost: Eine nötige und längst überfällige Reform - Leitartikel

Berlin (ots)

Auf ein Neues. Nach zehn Jahren wagt ein
Verteidigungsminister erneut den Versuch, die Bundeswehr den völlig 
veränderten Herausforderungen seit dem Ende des Kalten Krieges 
anzupassen. Aus den Streitkräften zur Landesverteidigung ist eine 
Armee im Einsatz geworden. Seitdem ist der Soldatenberuf auch in 
Deutschland wieder einer mit ständigem Risiko für Leib und Leben 
geworden. Karfreitag sind erneut drei junge Männer nahe dem 
afghanischen Kundus gefallen. Doch aus den neuen Realitäten wurden 
längst nicht alle notwendigen organisatorischen wie waffentechnischen
Konsequenzen gezogen.
Im Jahr 2000 hatte die Wehrstrukturkommission unter Vorsitz des 
früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker bereits eine Reform
der Bundeswehr an Haupt und Gliedern empfohlen. Dem damaligen 
Verteidigungsminister Rudolf Scharping wurde prompt angst und bange. 
Erst entließ er seinen Generalinspekteur, dann brachte er das eine 
oder andere allenfalls halbherzig auf den Weg. Daran leidet die 
Bundeswehr bis heute. Sie wird zwar in einen mittlerweile halblaut 
auch sogenannten Krieg geschickt. Doch wirklich gerüstet ist sie 
dafür nicht - weder von ihren Strukturen her noch von Ausrüstung und 
finanzieller Ausstattung.
Wie überfällig die jetzt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu 
Guttenberg eingesetzte Reformkommission mit dem zentralen Auftrag, 
die Bundeswehr konsequenter als bislang auf Auslandseinsätze zu 
trimmen, ist, haben mehrere Generale bereits vor drei Jahren belegt. 
Aus den Erfahrungen eigener Einsätze auch am Hindukusch hatten sie 
ein niederschmetterndes Fazit gezogen: Der Bundeswehr mangele es an 
kohärenter Führung und strategischer Planung - bizarre Bürokratie und
politisch motivierte Kontrollwut des Ministeriums behinderten die 
Einsatzführung der Soldaten vor Ort. Das "Dossier" wurde im 
Ministerium als geheim eingestuft und verschlossen. In Afghanistan 
warten die Soldaten unterdessen weiter auf bessere "Wirkmittel" wie 
den Kampfhubschrauber Tiger oder die abschreckende Panzerhaubitze 
2000.
 Es besteht also dringender Optimierungsbedarf. Für entsprechende 
Empfehlungen hat Guttenberg klug ein Gremium namhafter Vertreter aus 
Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Militär berufen. Überraschend ist
zweifellos die Ernennung des Chefs der Bundesagentur für Arbeit (BA),
Frank-Jürgen Weise, zum Vorsitzenden. Fachlich scheint er geradezu 
prädestiniert. Er kennt die Bundeswehr von innen (zwölfjährige 
Dienstzeit, Oberst der Reserve), war Vorstand in einem großen 
Wirtschaftsunternehmen und hat Erfahrung beim Umbau einer 
schwerfällig gewordenen Großbehörde (erfolgreiche Umstrukturierung 
der BA). Aber hat Weise nicht mit der eigenen Mammutverwaltung genug 
zu tun? Er glaubt, dank geglückter Reformen im eigenen Haus genug 
Zeit gewonnen zu haben, um endlich auch die Bundeswehr fit zu machen 
für die Realitäten von heute und morgen. Nicht allein die Soldaten 
müssen ihm und seinen fünf Kollegen dafür Erfolg wünschen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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