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BERLINER MORGENPOST: Lärm ist nicht gleich Lärm
Leitartikel von Gilbert Schomaker

Berlin (ots)

Es ist eines der sensibelsten Themen einer Großstadt: der Lärm. Jeder möchte gern in einer Ruhe-Oase wohnen, in einem stillen Büro arbeiten und im Garten oder auf dem Balkon sitzen und nur die Vögel hören. Niemand will den ganzen Tag oder auch noch nachts Bau-, Flug- oder Verkehrslärm ausgesetzt sein. Der Wunsch nach Ruhe ist verständlich. Aber beim Thema Lärm muss man in einer Großstadt wie Berlin differenzieren. Genau das hat am gestrigen Dienstag das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig getan. Die Richter wiesen eine Klage der Betreiber von Berliner Hotel-, Büro- und Geschäftsgebäuden an der Großbaustelle an der Ecke Unter den Linden und Friedrichstraße auf Schadensersatz als unbegründet zurück. Den Weiterbau der U-Bahn-Linie 5 im Bezirk Mitte müssen die Anlieger ohne zusätzlichen Lärmschutz erdulden. Interessant ist vor allem die Begründung. Das Schutz- und Entschädigungskonzept des Landes Berlin genüge den rechtlichen Anforderungen, so die Richter. Die Kläger hatten mehr Lärmschutz an der Baustelle, die Kostenerstattung für Schallschutzfenster und eine Entschädigung für Umsatzeinbußen gefordert. Es ging in diesem Falle vor allem um finanzielle Interessen der Anlieger. Doch der Verkehrslärm ist an dieser Ecke ohnehin schon sehr hoch. Deswegen ist die Entscheidung der Richter nachvollziehbar. Immerhin haben die Anlieger nach der Fertigstellung des Umsteigebahnhofs auch wirtschaftliche Vorteile, weil dort demnächst neue Verkehrsströme entstehen - und damit neue Kunden kommen können. Zudem wird die Baugrube nächstes Jahr gedeckelt, sodass weniger Krach entsteht. Den Baulärm der nächsten Monate müssen die Anlieger nun wohl ertragen. Anders sieht es aus, wenn nicht wirtschaftliche Interessen im Mittelpunkt stehen, sondern gesundheitliche. Hier haben die Gerichte in Deutschland in den vergangenen Jahren immer wieder zugunsten der Lärmgeschädigten geurteilt. Zuletzt in den aufsehenerregenden Grundsatzurteilen zum Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen und bei der Nachbesserung des Schallschutzes für den Berliner Großflughafen BER. Denn dieser Lärm stellt eine Dauerbelastung von Tausenden Anwohnern dar. Der Schutz der Menschen in den Einflugschneisen geht vor wirtschaftlichen Interessen der Flughafenbetreiber, so die Richter. Denn Lärm kann krank machen. Doch auch das sollten alle wissen: Eine totale Dorfruhe wird es in einer Metropole wie Berlin nie geben können. Wer in diesen Tagen in den Urlaub fliegt, will eben auch von Berlin aus starten und nicht erst nach Leipzig, Hamburg oder Frankfurt fahren müssen. Auch den Lastwagenverkehr oder das Bauen in der Nachbarschaft kann man nicht einfach verbieten. Ziel muss es sein, so viel Lärm wie möglich zu vermeiden. Das beginnt mit einem Flüsterbelag für neue Straßen, setzt sich fort bei strengen Auflagen durch die Behörden und endet mit neuen, modernen Technologien für leisere Flugzeuge, Autos, Busse und Lastwagen.

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Telefon: 030/2591-73650
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