BERLINER MORGENPOST: Das Versagen der Monika Herrmann (Leitartikel)
Berlin (ots)
Eine interessante Wendung ist das schon: Die Kreuzberger Bürgermeisterin Monika Herrmann, die ja strikt gegen die Räumung des Flüchtlingscamps am Oranienplatz ist, warnt nun Polizisten vor den gesundheitlichen Gefahren in genau diesem Flüchtlingscamp. Polizisten müssten nach der Einschätzung ihres Gesundheitsamtes bei einem Einsatz Mundschutz tragen, da der gesamte Oranienplatz von Ratten befallen sei.
Wenn es noch eines weiteren Beispiels bedurft hätte, in welche Sackgasse sich die Kreuzberger Grünen mit ihrer Flüchtlingspolitik manövriert haben, Monika Hermann hat es mit ihrem Schreiben an die Polizei geliefert. Sie trägt, zusammen mit Vorgänger Frank Schulz, die Verantwortung, dass es mitten in Kreuzberg zu hygienisch untragbaren Zuständen gekommen ist. In ihrer Lebenswelt ist es nicht vorstellbar, dass eine Grünen-Politikerin verantwortlich für die Räumung der Zelte ist - koste es, was es wolle.
Monika Herrmann hat auf zwei Ebenen versagt. Zum einen ignoriert sie das Wohlergehen der Flüchtlinge. Auch dem flüchtigsten Beobachter ist nicht entgangen, wie sehr die südliche Seite des Oranienplatzes in den vergangenen zwölf Monaten verrottet ist. Wenn man wirklich möchte, dass es den Flüchtlingen besser geht, dann lässt man sie eben nicht über Monate hinweg im Freien in einer Großstadt campieren. Monika Herrmann aber ist das Symbolische des Streits - die Sichtbarmachung der Flüchtlingsproblematik für die Öffentlichkeit - wichtiger als das Schicksal des Einzelnen. Mit ihrem Festhalten an Prinzipien, und das ist der zweite Vorwurf, hat sie billigend die gesundheitliche Gefährdung der Kreuzberger in Kauf genommen. Wenn Monika Herrmann Polizisten in einem Schreiben vor Infektionsgefahren warnt, warum wendet sie sich damit nicht auch an die Bürger?
Keine Frage, die Diskussion über die Flüchtlinge ist gerade in Berlin ziemlich vergiftet. Befürwortern der Räumung wird Ausländerfeindlichkeit unterstellt, doch wer die Zustände am Oranienplatz kennt, muss sich fragen, wer hier eigentlich wirklich aufseiten der Flüchtlinge ist. Monika Herrmann möchte sich von der autonomen Szene nicht vorwerfen lassen, sie hätte die "Deportation" unterstützt. Sie sollte aber nicht vor ihr kuschen, sondern dafür sorgen, dass die Flüchtlinge vom Oranienplatz in einer neuen Bleibe wohnen. Allen wäre geholfen - den Flüchtlingen zuvörderst.
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