BERLINER MORGENPOST: Ein ehrlicher Ton - Kommentar von Kerstin Münstermann
Berlin (ots)
Kanzlerin Merkel hat nun zu Beginn ihrer vierten Amtsperiode Fehler eingeräumt. Sie habe die Auswirkungen des syrischen Bürgerkriegs zunächst unterschätzt. Die Ankunft der Flüchtlinge 2015 sei der Ausgangspunkt für die gesellschaftliche Polarisierung gewesen. Diese selbstkritischen Töne wurden im Merkelschen Wahlkampf schmerzhaft vermisst.
Jetzt will sie signalisieren: Ich habe verstanden. Verstanden, dass der Zusammenhalt im Land auch durch ihre Politik auf eine harte Probe gestellt wurde. Das Eingeständnis, selbst Fehler gemacht zu haben, hört man in dieser Deutlichkeit von Merkel selten. Was jedoch nicht bedeutet, dass sie die offenen Grenzen im Herbst 2015 selbst als Fehler bezeichnet. Es sei eine humanitäre Notlage gewesen.
Die Kanzlerin will den Zusammenhalt in der Gesellschaft wieder herstellen, auch durch einen starken (Rechts)staat, der den Bürgern Sicherheit und Vertrauen zurückgibt. So gesehen ist ihre Rede deutlich konservativer als frühere. Gleichzeitig rückt sie polarisierende Sätze ihres CSU-Innenministers und CSU-Chefs Horst Seehofer wieder gerade. Der Islam gehöre sehr wohl zu Deutschland.
Auch wenn Pathos auch in der vierten Regierungserklärung nicht so ganz aufkommen mag, macht die Regierungschefin doch eines sehr deutlich: Das Sagen, die Deutungshoheit im neuen Kabinett habe ich. "Deutschland, das sind wir alle." Dieses Leitmotiv ihrer Kanzlerschaft will sie sich nicht vom aufziehenden bayerischen Landtagwahlkampf verwässern lassen.
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