BERLINER MORGENPOST: Streitthemen ausgeklammert
Kommentar von Joachim Fahrun zur Senatsklausur
Berlin (ots)
Immerhin. Die rot-rot-grünen Senatsmitglieder haben sich mal nicht gestritten. Das ist in Zeiten eines überaus angespannten Klimas in Berlins Regierungskoalition ja schon mal etwas. Alle Beteiligten berichteten jedenfalls von einer konstruktiven Atmosphäre während der Senatsklausur.
Dass eine Regierungsmannschaft sich hin und wieder ein paar Stunden nimmt, um über den Tag hinaus zu denken und zu diskutieren, sollte niemand beanstanden. Schließlich sind die wöchentlichen Senatssitzungen derart formalisiert, dass es dort kaum jemals zu einem Austausch von Meinungen kommt.
Dennoch ist allein die Abwesenheit von Streit viel zu wenig für einen Senat, der sich "Gutes Regieren" auf die Fahnen geschrieben hatte. Wenn ein Kabinett zehn Stunden lang die hoffentlich wichtigsten Themen der Stadt berät und am Ende keine Botschaft zu vermitteln hat außer, dass man sich künftig enger abstimmen und Konflikte vermeiden möchte, ist das ein schlechtes Zeichen für die Stadt. Denn alle Streitfragen wurden ausgeklammert. Die Beschleunigung von Wohnungs-, Schul- und Verkehrswegebau spielte keine Rolle, ebenso wenig das umstrittene Polizeigesetz, die Videoüberwachung, das Verhältnis zwischen Land und Bezirken oder die Aufgaben der Verwaltung.
Passend zur Klausur brachte der Landesrechnungshof auf den Punkt, woran Berlin am meisten krankt, nämlich am Fehlen einer gesamtstädtischen Steuerung. Jeder Bezirk macht die Dinge so, wie er will, die Aufsicht des Senats ist mangelhaft. Gemeinsames Handeln erfolgt allenfalls nach langwierigen Abstimmungen, gemeinsam formulierte Ziele werden gerne unterlaufen. Das kann nicht im Interesse der Bürger sein.
Auch diese Koalition scheut sich davor, die Aufgaben zwischen den Ebenen klar zu regeln. Wenn man das täte, könnte es natürlich Streit geben. Und den galt es ja zu vermeiden.
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